Research

ALPS - ABSCHÄTZUNG VON KLIMAFOLGEN IM ALPINEN WASSERKREISLAUF

ALPS

Dies gilt insbesondere für Österreich, wo die Wasserkraft mit rund 58 % den größten Anteil an der inländischen Stromerzeugung hat und dieser Anteil durch den Ausbau bisher ungenutzter Potenziale noch weiter erhöht werden könnte. Neben ihrem Beitrag zum Klimaschutz erfüllen Wasserkraftwerke auch aus Sicht der Versorgungszuverlässigkeit und -sicherheit eine wichtige energiewirtschaftliche Funktion innerhalb des Elektrizitätsversorgungssystems.

Die weitere Entwicklung der Nutzung der Wasserkraft wird allerdings von einer Reihe – aus Sicht der Wasserkraft z. T. gegenläufigen – energie-politscher Rahmenbedingungen tangiert. So stehen beispielsweise dem gesellschaftlichen Wunsch nach einem Ausbau der Nutzung erneuerbare Energien z. T. signifikante Erzeugungseinschränkungen von Wasserkraftwerken durch die Umsetzung der EU-Wasserrahmenricht-linie entgegen. Aber auch die Veränderung des Abflussverhaltens auf Grund möglicher klimawandelbedingter Effekte kann zu einer Ände-rung der Stromerzeugung in Wasserkraftwerken führen. Allerdings stellen diese möglichen Veränderungen nicht die einzigen Unsicherheiten dar, wenn es um eine langfristige energiewirtschaftliche Bewertung der Wasserkraft geht. Neben den expliziten wasserkraftspezifischen Aspekten sind insbesondere auch die übergeordneten Entwicklungen am Strommarkt auf Angebots- und Nachfrageseite zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Erlössituation und damit die Wirtschaftlichkeit von Wasserkraftwerken haben. Vor dem Hintergrund dieser ins-gesamt gegebenen Unsicherheiten können aus der isolierten Betrachtung möglicher Klimafolgen für die Wasserkraft damit keine Aussagen bezüglich der langfristigen energiewirtschaftlichen Stellung der Wasserkraft abgeleitet werden. Hierfür ist eine Gesamtbetrachtung aller möglichen Einflussfaktoren zielführend, die im Rahmen dieser Studie qualitativ diskutiert werden.

Die Energiewirtschaft ist wie keine andere Branche von einer Klimaerwärmung betroffen. Zum einen stellen die Gewinnung und Nutzung fossiler Energieträger eine Hauptquelle anthropogener Treibhausgasemissionen (THG) dar und sind daher im besonderen Fokus der internationalen Anstrengungen zur Reduktion der THG-Emissionen. Zum anderen können Erzeugung und Verbrauch durch die Klimaänderung in ihrer räumlichen und zeitlichen Struktur eine deutliche Änderung erfahren. Auf der Erzeugungsseite kann sich etwa das zeitliche und räumliche Angebot erneuerbarer Energieströme und -träger soweit verändern, dass dies Auswirkungen auf deren energetische Nutzung - insbesondere Wasser- und Windkraft aber auch Biomasse - haben kann. Zusätzlich kann durch klimawandelbedingte Veränderungen im Abflussverhalten von Fließgewässern die ausreichende Verfügbarkeit von Kühlwasser für konventionelle Kraftwerke und damit insgesamt die Verfügbarkeit der Kraftwerke während der Sommermonate gefährdet sein.

Neben diesen erzeugungsseitigen Risiken stellt aus Sicht der Energiewirtschaft die mögliche Veränderung des Verbraucherverhaltens eine weitere direkte Folge der Klimaveränderung dar. Für die Elektrizitätswirtschaft können sich aus diesen erzeugungs- und verbrauchsseitigen Effekten des Klimawandels Herausforderungen hinsichtlich der Versorgungssicherheit ergeben, da Erzeugung und Verbrauch in jeder Sekunde übereinstimmen müssen. Gerade für Österreich, wo die Wasserkraft mit rund 58 % den größten Anteil an der inländischen Stromerzeugung darstellt, können mögliche Änderungen im Abflussverhalten alpiner Einzugsgebiete als Folge des Klimawandels von großer Bedeutung für die Nutzung der Wasserkraft sein.

Dabei stellen die im Bericht Meteorologie und Glaziologie /Kuhn 2009/ dieses Projektes aufgezeigten möglichen Klimafolgen im alpinen Wasserkreislauf nicht die einzigen aktuell sich ändernden Randbedingung dar, die für eine gesamtheitliche energiewirtschaftliche Bewertung der Wasserkraftnutzung zu berücksichtigen sind. Die Effekte aus der Liberalisierung der Strommärkte und dem massiven Ausbau fluktuierender Erzeugung (Windkraft und Photovoltaik) und der damit zusammenhängenden höheren Volatilität der Strompreise führen zu einer Neubewertung der Nutzung der alpinen Wasserkraft, insbesondere der Speicherwasserkraft.

Diese Effekte im Kontext mit möglichen klimabedingten Auswirkungen auf die Nutzung der Wasserkraft wurden qualitativ dargestellt und diskutiert, wobei der Schwerpunkt auf Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke gelegt wurde. Entsprechend der Fokussierung der meteorologischen und glaziologischen Aussagen in /Kuhn 2009/ wurden auch hier quantifizierbare Aussagen anhand des Speicherkraftwerkes Kaunertal der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) abgeleitet.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Werden zur Abschätzung von Klimafolgen im alpinen Wasserkreislauf im Hinblick auf die Wasserkraftnutzung in Österreich bzw. Tirol ausschließlich die modellierten Änderungen im Abflussverhalten der Fließgewässer herangezogen, müsste auf Grund der tendenziellen Reduzierung der Abflussmengen ein negatives Zukunftsszenario gezeichnet werden. Aus energiewirtschaftlicher Sicht sollte eine Betrachtung der möglichen Klimafolgen auf die Wasserkraft allerdings nicht auf die Angebotsseite beschränkt bleiben, sondern auch weitere Einflussfaktoren berücksichtigen. Neben der Wasserkraft wird ein Großteil der weiteren Erzeugungsoptionen von Klimafolgen tangiert werden. Da im Weiteren auch eine Veränderung der Verbrauchsstruktur nicht unwahrscheinlich ist, können sich für Wasserkraftwerke - für Speicherkraftwerke - die energiewirtschaftlichen Randbedingungen am Strommarkt durchaus positiv entwickeln. Die Entwicklung dieser Randbedingungen ist aber, wie auch die Modellierung der Klimafolgen, von Unsicherheiten geprägt, vor deren Hintergrund die dargestellten Auswirkungen des Klimawandels auf die energetische Nutzung der Wasserkraft zu bewerten sind. Auf Grund der großen Schnittmenge zwischen den technologieimmanenten Eigenschaften der Wasserkraft und den energiepolitischen Zielen der EU sollte auch unter den sich ändernden Randbedingungen dem weiteren Ausbau der Wasserkraft ein hoher Stellenwert zukommen, um dadurch einen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten zu können.

Back to Overview