Migration: Your Story Matters

Migration: Your Story Matters

Die Seite wurde von November 2020 bis Februar 2021 recherchiert und veröffentlicht.

Diversity is not about the others, it is about you!

Diversität bedeutet Vielfalt von Menschen und Lebensformen.

Mit „Diversity Matters - Your Story Matters“, einem Studierendenprojekt des Bachelorstudiengangs Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement, erzählt die Projektgruppe echte Geschichten, um

  • für mehr Aufmerksamkeit hinsichtlich der Themen Migration und Integration zu sorgen.
  • Studierenden mit Migrationshintergrund eine Plattform mit allen relevanten Informationen rund um das Thema „Studieren an der FH Kufstein Tirol“ anzubieten.
  • zukünftigen Studierenden mit Migrationshintergrund den Weg an die FH zu erleichtern und um Barrieren zu brechen.
  • aufzuzeigen, dass Diversität und Vielfalt eine positive Entwicklung in unserer Gesellschaft sind.

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Wissenswertes zum Projekt & Thema

Schriftliches Interview mit Christine Haage, BA

Beauftragte für Inklusion, Gender & Diversity an der Fachhochschule Kufstein Tirol

  • Welchen Bezug haben Sie zum Thema Migration?

Ich bin Österreicherin und lebe heute seit 29 Jahren in Deutschland im Raum München. Das mag man gemeinhin nicht wirklich als Ausland empfinden, dennoch konnte ich sehr viele Hemmnisse und Integrations-Baustellen wie Behördenwege selbst erleben, konnte mich aber immer durch meine Sprachkenntnisse gut damit zurechtfinden – im Gegensatz zu Migrant:innen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, um ihr Leben fürchten oder aus anderen massiven Gründen ihre Heimat verlassen müssen.

  • Was bedeutet Migration für Sie?

Migration an sich bedeutet „wandern“ – ein ganz natürlicher Prozess bevor die Menschheit in ihrer Geschichte sesshaft wurde, aber auch danach. Unsere menschliche Kultur ist geprägt von diesen Wanderungen. Für mich persönlich bedeutet Migration stetig daran zu arbeiten mit meiner Umwelt in Kontakt zu sein und aufmerksam Unterschiede zu bemerken, ohne mich oder meine Kultur dabei selbst aufzugeben. Für mich ist Migration ein Prozess der Kommunikation zwischen Menschen ohne platte Anpassung - Erhalt der Individualität ist besonders wichtig. Eine Integration kann aber nur zwischen Menschen geschehen, die nicht starr sind, sondern bereit voneinander zu lernen – Toleranz und Respekt sind dafür unabdingbar.

  • Seit wann sind Sie Beauftragte für Inklusion, Gender & Diversity an der FH Kufstein Tirol und wie kam es dazu?

Ich bin seit 2010 Gender- & Diversitybeauftragte, seit 2015 Behindertenbeauftrage für die FH Kufstein Tirol. Ich bin überzeugt dadurch einer sehr sinnstiftenden Aufgabe nachzukommen, die mehr als nur meine berufliche Tätigkeit beinhaltet. Mir war und ist es ein Anliegen an einem gesellschaftlichen Wandel zu arbeiten, Empathie für andere Menschen zu wecken, Ungleichheiten sichtbar zu machen und mich für ein besseres Miteinander einzusetzen

  • Mit welchen Tätigkeiten sind Sie als Beauftragte für Inklusion, Gender & Diversity konfrontiert?

Die Aufgaben sind ganz unterschiedlich. Zuerst war meine Tätigkeit der Netzwerkbildung zu anderen Hochschulen gewidmet und der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in Abstimmung mit der Hochschulleitung. Später als das Tätigkeitfeld gewachsen war, kam der Aufbau von internen Strukturen wie der Gründung einer Arbeitsgruppe hinzu. Eine regelmäßige jährliche Veranstaltung mit Studierenden zu Diversity Themen und die direkte Betreuung von behinderten Studierenden, sind mit der Zeit ebenfalls hinzugekommen. Im Prinzip sind meine vordringlichen Tätigkeiten machbare organisatorische Konzepte aufzubauen, um Themen wie Frauenförderung, Gleichstellung, Antidiskriminierung, Inklusion innerhalb der FH zu leben und außerhalb der FH sichtbar zu machen.

  • Was war Ihr persönliches Highlight während dieser Zeit und welche Geschichte hat Sie am meisten berührt?

Am meisten beeindrucken mich Menschen, die durch eine Laune des Schicksals benachteiligt sind und mit enormer Willenskraft und Anstrengung die gleichen Ziele erreichen wie alle anderen. Ich konnte das schon in vielen Bereichen feststellen, nicht nur bei Behinderten. Es scheint, als würden die scheinbare Schwäche oder Benachteiligung, wenn sie akzeptiert und verarbeitet sind, die Basis für die größte Stärke dieser Persönlichkeiten werden. Das ist für mich ein sehr heilsamer Gedanke, denn er zeigt, dass nahezu alles bewältigt werden kann.

  • Was sehen Sie persönlich für Personen mit Migrationshintergrund als größte Hürde auf Ihrem Weg zu einem FH bzw. Universität Abschluss?

Ich denke die größte Hürde ist erstmal die Sprache, wenn die Kommunikation schon auf dieser Ebene behindert ist, kann alles darauf Aufbauende nur sehr schleppend vorankommen. Die Flüchtlingswelle in 2015 hat gezeigt, dass die Anerkennung von Zulassungs-Zeugnissen für die Hochschulausbildung ein großes Problem war. Menschen auf der Flucht haben oftmals keine Papiere mehr, oder aber die Papiere müssen aufwendig übersetzt werden. Eine weitere Hürde war damals die Dauer der Anerkennung des Migrant:innen-Status, damit waren finanzielle Aspekte verknüpft wie Arbeitsgenehmigung, Selbsterhalt und Erlass der Studiengebühr.

  • Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial an der FH in Bezug auf Integration?

Das Leben in der FH ist ein Spiegel der Gesellschaft, wir können Vorurteile und persönliche Einstellungen nicht am Eingang ablegen wie eine Jacke an der Garderobe. Insofern gibt es immer Verbesserungspotenzial für mehr Menschlichkeit. Innerhalb der FH gibt es Raum, um auf Ungerechtigkeiten oder Ungleichbehandlungen hinzuweisen. Es ist ein Raum des Lernens, der Neugierde, der Meinungsbildung - nicht nur für Studierende – hier können Aktionen, die zum Nachdenken anregen viel bewirken.

  • Wie stehen Sie zum Thema Diversität, was kann man tun, um Diversität im Studienalltag zu fördern?

Diversität und Vielfalt ist gut. Wir sehen aus einer Vielzahl von Studien, dass diverse Teams besser und effektiver funktionieren, dass unterschiedliche, diverse Gesichtspunkte bessere Konzepte und Strategien hervorrufen. Multikulturelle Gruppen sind resistenter und weniger empfänglich für politische Demagogie. Wir sind eine internationale Institution, wir entsenden alle Bachelor-Studierenden mindestens für ein Semester ins Ausland und beherbergen pro Jahr an die 200 Incoming Students. Ich denke, wir leben schon in hohem Maße ein sehr diverses Basiskonzept, das alle FH-Angehörigen miteinbezieht. Dennoch können wir immer weiter daran arbeiten, in dem wir eine Kultur leben, die Bestehendes hinterfrägt und reflektiert und keine Angst vor Veränderung hat.

Wir danken Ihnen sehr, dass Sie sich für dieses wichtige Thema Zeit genommen haben und uns im Praxisprojekt „Diversity Matters“ unterstützen!

Schriftliches Interview mit Petra Kübler

Wiedereinsteiger:innen- und Gleichstellungsbeauftragte des AMS Kufstein

  • Was genau kann man sich unter der Berufsbezeichnung Gleichstellungsbeauftragte vorstellen, und mit welchen Kernaufgaben sind sie konfrontiert?

Meine Aufgaben im AMS als Gleichstellungsbeauftragte umfassen die Entwicklung und Entscheidung von AMS-Kursangeboten gemeinsam mit den Führungskräften, die Sicherstellung der Gleichstellung im Kontext der Kursangebote, die Unterstützung von Frauen bei der Arbeitsuche und die Unterstützung sowie Forcierung von Frauen in Bezug auf Weiterbildung. Außerdem befasse ich mich mit der Aufklärung in Bezug auf Karrieremöglichkeiten von Frauen, die Auswirkungen der Arbeit auf die Pension sowie über Chancen auf dem Arbeitsmarkt versus Segregation des Arbeitsmarktes.

  • Wie und warum sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen und wie lange arbeiten Sie schon in diesem Beruf? (Gab es vielleicht ein ausschlaggebendes Ereignis, welches Sie zu diesem Beruf gebracht hat?)

Als Kind war mir schon klar: „it´s a mens world“. Das hat mich als Mädchen geprägt und ist sicher auch ein Grund, warum ich da gelandet bin wo ich heute arbeite. Retrospektiv betrachtet war ich im Laufe meiner Karriere - die unter anderem eine Selbständigkeit beinhaltet, dann Tätigkeiten als Trainerin im privaten Bildungsbereich, die mich schließlich zum AMS führten - immer schon unterstützend und motivierend beschäftigt. Das Thema Gleichstellung in der Arbeit begleitet mich bereits seit über 15 Jahren. Nachdem ich in meiner Kindheit schon mit Diskriminierung als Mädchen zu kämpfen hatte, unterstütze ich heute Frauen auf ihrem Weg zurück in die Arbeitswelt, die immer noch nicht frei von Diskriminierung und Ungleichbehandlung ist.

  • Mit welchen offenen Fragen oder Anliegen kommen speziell Menschen mit Migrationshintergrund zu Ihnen? (Evtl. häufigster Beratungsverlauf in dieser Situation in Hinblick auf Integration)

Die unten angeführten Beispiele sind nach Häufigkeit gelistet:

  1. Die Anfrage nach Sprachkursen ist überwiegend das Thema.
  2. Finanzielle Unterstützung für Kinderbetreuung und generell finanzielle Fördermöglichkeiten.
  3. Ausbildungswünsche/Weiterbildungsmöglichkeiten/Schulabschlüsse sind auch relevant.
  4. Die Nachfrage an Beratungsstellen die den Frauen bei ihren Problemen innerhalb der Familie helfen.
  • Gibt es spezielle Unterlagen bzw. Bedingungen, die Menschen mit Migrationshintergrund erfüllen müssen, um einen Beruf ausüben/erlernen zu können oder an einer Schule/Fachhochschule/Universität lernen zu können?

Das Wichtigste ist die Sprache. Sie ist der Schlüssel zu jeder weiteren Entwicklung, sei es in Richtung Studium, Ausbildung, oder Arbeit. Die Aufnahmekriterien für ein Studium oder für Fachhochschulen in Österreich gelten auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Abhängig davon, ob es sich um eine Ausbildung oder ein Studium handelt, ist das Sprachniveau B bis C laut Europäischem Sprachrahmen erforderlich und mittlerweile bei Aufnahmetests für fast alle Studienrichtungen an Universitäten und auch bei Aufnahmetests für Fachhochschulen integriert.

Auch für eine Berufsausbildung ist die Sprache der Schlüssel zum Erfolg. Ein Lehrberuf schließt mit einer Lehrabschlussprüfung ab, die sicher leichter zu schaffen ist, wenn die Sprachkenntnisse adäquat sind.

  • Gibt es spezielle Förderungs- bzw. Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund, beispielsweiße für schulische Ausbildungen oder Berufsausbildungen?

Das AMS hat eigene Unterstützungs- und Ausbildungsprogramme für Jugendliche mit Pflichtschulabschluss oder ohne Abschluss. Hier greift die gesetzliche Ausbildungspflicht für unter 25- jährige, die auch ein gesetzlicher Auftrag an das AMS ist. Das AMS legt auch den Focus auf Personen über 25 Jahren, die keine Ausbildung haben. Und hier bin ich mit der Position der Gleichstellungsbeauftragten in der Pflicht, in meinem Fall Frauen, zu unterstützen und diesbezüglich zu beraten. Das heißt in Hinblick auf das AMS stellt man sich nicht die Frage, ob ein Migrationshintergrund besteht oder nicht, sondern wenn keine Ausbildung vorhanden ist unterstützt das AMS personenbezogen. Genauso wenn Weiterbildung der Schlüssel zum Erfolg ist, unterstützt das AMS unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Migrationsgrad im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten.

  • Was sind die größten Herausforderungen oder Hindernisse für Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Schule besuchen, oder ein Studium absolvieren wollen?

Die Erziehung und das Elternhaus sind entscheidend für die Entwicklung und die Chancen von Kindern. Dies zeigt meine Arbeit Tag für Tag, die ich in meiner Position als Gleichstellungsbeauftragte und auch als Wiedereinsteiger:innen Beraterin ausfülle. Keine ausreichenden Sprachkenntnisse, die „geistige Prägung“ in der Kultur und Lebensweise des Herkunftslandes, oder wenn man in Österreich geboren ist, die „geerbte Kultur“ der Eltern und Familie im Gegensatz zur gängigen Kultur und Lebensweise sind die Herausforderungen und können Hindernisse sein.

  • Haben Sie hierzu eventuell einen persönlichen Ratschlag für Menschen mit Migrationshintergrund, den Sie in Ihrer Beratung immer wieder gerne mit auf den Weg geben?

Egal woher ich komme und wer ich bin - wenn ich die Möglichkeiten habe mein Leben zu gestalten und zu leben dann nutze diese Chancen, egal was die Familie, die Freunde oder wer auch immer dazu sagen. Es ist mein Leben. Das muss ich selbst leben und in Österreich gibt es die Möglichkeiten dazu.

  • Im Laufe Ihrer Karriere im Bereich Migration & Integration – was war Ihr persönliches Highlight? Welche Geschichte hat Sie besonders berührt?

Eine meiner Kundinnen, die wegen ihres Mannes nach Österreich gezogen ist und am Anfang komplett von ihm abhängig war, hat über das Kursangebot des AMS Deutsch gelernt. Sie hat eine Ausbildung gemacht und über das AMS Arbeit gefunden, und das mit kleinen Kindern. Ihre Kultur war eine andere. Aber ihr war klar, dass sie ihr Leben anpassen muss, um eine Chance zu haben. Das hat sie auch von Anfang an gesagt. Mit ihrem sehr rudimentären Sprachschatz sagte sie beim ersten Termin zu mir:“ Ich leben hier und muss lernen Deutsch, ist wichtig“. Ich denke diese Aussage ist bezeichnend. Wenn wir uns treffen bin ich stolz, dass ich sie auf diesem Weg begleiten und miterleben durfte, wie sie sich im Laufe der Zeit zu einer selbstbestimmten Person entwickelt hatte, die auch ihre finanzielle Selbständigkeit schaffte. Diese Frau hat wirklich die Möglichkeiten genutzt und aus ihrem Leben etwas gemacht. Es war sicherlich nicht immer einfach, noch dazu mit den Kindern, aber es war machbar!

Wir danken Ihnen sehr, dass Sie sich für dieses wichtige Thema Zeit genommen haben und uns im Praxisprojekt „Diversity Matters“ unterstützen!

Begrifflichkeiten: Migration, Integration und Diversität

Migration

Migration bedeutet sein gewohntes Umfeld zu verlassen, um nach einer besseren Lebensqualität zu streben. Dabei geht es nicht zwingend nur um Flucht [1]. Es gibt verschiedene Formen der Migration, die sich nach Motiven für den Neuanfang strukturieren lassen, dazu gehören: Bildung, Arbeit, Ethnische Motive, Flucht und noch einige weitere [2]. Sein gewohntes Umfeld zu verlassen ist kein Prozess, der spontan und unüberlegt stattfindet. Um seine Wurzeln aufzugeben benötigt es eine lange Bedenkzeit und viel Planung [3]. Mit der Flüchtlingswelle in 2015 hat der Begriff „Migration“ in unserer Gesellschaft eine völlig neue Bedeutung erlangt und wird oft als etwas Negatives angesehen. Jedoch ist das Streben nach einer besseren Lebensqualität so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst [4] .

Integration

Im Zusammenhang mit der Migrationsdebatte erhielt der Begriff „Integration“ eine zentrale Bedeutung [5]. Seinen Ursprung hat das Wort „Integration“ im lateinischen und heißt so viel wie Eingliederung oder die Herstellung einer Einheit aus verschiedenen Elementen [6]. Aus dem Blickpunkt des sozialen Zusammenlebens einer Gesellschaft kann man das Begriffsverständnis von Integration auch etwas erweitern: “und zwar, dass Personen mit verschiedenen kulturellen oder anderen Hintergründen gleichberechtigt als eine Einheit zusammenleben“ [7].  Integration hat also etwas mit Gleichberechtigung zu tun, was durch einen Blick auf heute gelebte politische Dimensionen noch verstärkt wird.

Die zentrale Aufgabe der weltweiten Integrationspolitik ist es sich Fragen der rechtlichen Gleichbehandlung zu stellen, Diskriminierung zu vermindern und sich für die gegenseitige Akzeptanz und Unterstützung einzusetzen [8].

Diversität

Das Wort „Diversität“ kommt aus dem lateinischen und bedeutet „Verschiedenheit; Vielfältigkeit“ [9]. Eigentlich findet der Begriff seinen Ursprung in der Biologie und definiert die Artenvielfalt [10]. Aus Sicht der Gesellschaftspolitik ist die Diversität gleichzusetzen mit der Antidiskriminierung und Gleichberechtigung aller Individuen. Der Begriff „Diversity“ wurde vor allem in den 1960er und 1970er Jahren in den USA, im Kampf gegen Rassismus, vor allem gegenüber Schwarzen, stark geprägt [11]. „In der Literatur werden darunter verschiedene Dimensionen von Unterschieden zwischen Menschen gefasst: ethnische und kulturelle Herkunft, Geschlecht, Gesundheit/Behinderung, sexuelle Orientierung, Alter, z. T. auch der Zugang zu Ressourcen wie Bildungschancen und finanzielle Ausstattung“ [12] .

Im Gegensatz zur Integration, geht es bei Diversität um das Konzept für einen bewussten und respektvollen Umgang miteinander [13]. Die zentralen Ziele der Diversität sind der Abbau von Diskriminierung und die Förderung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen Menschen aus verschiedenen Nationen[14].

Warum ist Diversität für eine Hochschule wichtig? Wozu brauchen wir das?

Diversität – also Verschiedenheit – lernen wir Menschen kennen, sobald wir uns über die Familie hinaus in Gruppen bewegen. Ab dem Kleinkindalter lernen wir Ungleichheiten zwischen uns kennen, die Begriffe Mobbing, Ausgrenzung, Diskriminierung gehen leider oftmals damit einher.

Als Hochschule ist die FH Kufstein Tirol eine Schlüsselstelle in der Entwicklung vieler junger Menschen. Jahr für Jahr vertrauen sich Studierende uns an, um an der Vervollkommnung ihrer Ausbildung zu arbeiten. Das ist ein hoher Vertrauensbeweis!

Dieses Vertrauen möchten wir nicht enttäuschen. Zu einer umfassenden Ausbildung gehört nämlich nicht nur moderne, zeitgemäße Inhalte zu vermitteln, sondern auch hohe Ansprüche an neueste Theorien, Methoden und Didaktik zu stellen.

Diversität hat mit der FH als internationalem Treffpunkt sehr viel zu tun: Seit über 20 Jahren entsenden wir Studierende in die Welt, um andere Unterrichtsformen, Sprachen, Kulturen, Lebensweisen und Mentalitäten kennenzulernen und nicht Unbekanntes vorschnell zu beurteilen. Eine sehr effektive Methode, um Weltoffenheit zu lernen und zu realisieren, dass viele Wege nach Rom führen. Die FH Kufstein Tirol ist Treffpunkt für Studierende aus mittlerweile 50 Nationen, die eine Umgebung ohne Mobbing, Ausgrenzung oder Diskriminierungen erwarten können. Es ist ein wichtiger Inhalt, Menschen nicht aufgrund von Geschlecht, Behinderung, Alter, sexueller Identität, Ethnie, Herkunft, Nationalität oder Weltanschauung abzuwerten oder abzuurteilen. Daran lohnt es sich zu arbeiten, für ein besseres und bewussteres Miteinander (Christine Haage, BA, FH-Diversity-Beauftragte).

Literaturverzeichnis

1 u. 3) Han, P. (2016). Soziologie der Migration. Stuttgart: UTB.

2) Polat, A. (15. 10 2018). Migration [online]. Abgerufen am 02. 12 2020 von socialnet Lexicon: https://www.socialnet.de/lexikon/Migration

4) Heckmann, F. (2014). Integration von Migranten. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

5) Esser, H. (2001). Arbeitspapiere - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung Nr.40. Von http://www.mzes.uni-mannheim.de/ abgerufen

6 u. 8) Bundesausländerbeauftragte.de. (2009). Integration in Deutschland. Von http://www.bundesauslaenderbeauftragte.de/integration.html abgerufen

7) Becker, R. (2011). Integration durch Bildung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

9) Schlote, E., & Götz, M. (02 2010). Was ist Diversität/Diversity? BR Online, S. 8. Abgerufen am 2020 von http://www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/televizion/23_2010_2/diversitaet.pdf

10/11/12) Gerland, J., Keuchel, S., & Merkt, I. (2016). Kunst, Kultur und Inklusion Teilhabe am künstlerischen Arbeitsmarkt. Von Schriftenreihe Netzwerk Kultur und Inklusion Bd. 1: https://kultur-und-inklusion.net/wp-content/uploads/2016/09/Netzwerk_Kultur_Inklusion_Tagungs-Dokumentation.pdf abgerufen

13) Mor, B. (2017). Managing Diversity. Sotuh California: SAGE Publications.

Allemann - Ghionda, C. (2013). Bildung für alle, Diversiät und Inklusion: Internationale Perspektiven. Paderborn: Ferdinand Schöningh GmbH & CO. KG.

Prengel, A. (2018). Pädagogik der Vielfalt. Wiesbaden: Springer Fachmedien GmbH.

Unserem Aufruf „Diversity matters, your story matters” sind Student:innen und Dozent:innen aus aller Welt gefolgt. Von den Niederlanden, über Indien und den USA bis hin nach Afrika. Ein junger Mann aus Ghana hat uns kontaktiert, um uns seine Erfahrungen als Student an der FH Kufstein Tirol zu erzählen.

"Ich habe noch nie einen richtigen Schilift gesehen"

Der 24-Jährige ist in Ghana geboren und aufgewachsen. Er hat dort den Bachelorstudiengang für „Integrated Business Studies Management“ besucht und abgeschlossen.

Ein Freund, den er schon seit dem Kindergarten kennt, besucht einen ähnlichen Studiengang in Deutschland. Er hat ihm von der renommierten Fachhochschule in Tirol erzählt und ihm geraten, sich dort einzuschreiben. Gesagt, getan und so kommt es, dass der junge Ghanaer seit November 2020 den Masterstudiengang „International Business Studies“ an der FH Kufstein Tirol besucht.

Obwohl er sich schon so auf das berühmte österreichische Essen, von dem er schon so viel gehört hat, freut und es kaum erwarten kann, endlich mal mit einem Sessellift einen Berg hinauf zu fahren und auf Skiern herunter zu brettern, hat es der junge Mann bis heute noch nie nach Kufstein geschafft. Eigentlich wollte er schon 2019 nach Tirol kommen, doch die Behördengänge sind sehr langwierige und komplizierte und es ist nicht so einfach die nötigen Dokumente zu bekommen. Die weltweite Corona Pandemie hat die Sache dazu zunehmend erschwert.

„Es ist in Ghana sehr schwierig, an ein Visum zu kommen. Die österreichische Botschaft ist kilometerweit entfernt und es kostet viel Zeit und Geld, um sie aufzusuchen. Nicht jedem ist dies möglich.“

Zurzeit ist der Student noch zu Hause und kann die Vorlesungen des Studiums nur virtuell besuchen – glücklicherweise finden auf Grund der aktuellen Covid 19 Pandemie alle Vorlesungen sowieso nur virtuell statt.

Der 24-jährige Student hat uns in unserem Interview erzählt, dass das Studieren in Kufstein für ihn nicht sehr viel schwieriger wäre als in Ghana. Das Onlineproramm ist sehr gut und übersichtlich und der Lernstoff ist auch nicht schwieriger als an seiner alten Universität.

Obwohl er noch nie in Österreich war, so sind ihm doch einige Unterschiede zwischen ihm und seinen KommilitonInnen aufgefallen. „Österreicher:innen sind alle sehr freundlich und dennoch sind sie sehr individualistisch und selbstbezogen. Ein gutes Bespiel dafür ist, dass das Schulsystem in Ghana sich vom Österreichischen unterscheidet und ich nicht immer alles verstehe. Kaum jemand aus meiner Gruppe macht sich die Mühe mir zu helfen und mir die Dinge, die ich nicht verstehe zu erklären.“

Alles in allem freut sich der junge Mann aus Ghana, wenn er endlich nach Kufstein kommen und neue Erfahrungen in einem anderen Land sammeln kann.

„Ich habe noch nie einen richtigen Schilift gesehen und freue mich schon sehr auf meine ersten Versuche im Wintersport. Hoffentlich kann ich 2021 endlich nach Kufstein kommen.“

We all want to experience humanity, then we all must act humanly!

Diversität bedeutet Vielfalt von Menschen und Lebensformen. Dabei zielt Diversität auf die Anerkennung und Wertschätzung aller Menschen ab, unabhängig von ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, ihrem Lebensalter, ihrer physischen oder psychischen Fähigkeiten oder anderer Merkmale. Es geht nicht nur um die Unterschiedlichkeiten von Menschen und ihren Lebensentwürfen, sondern immer auch um die Entdeckung von Gemeinsamkeiten. Diversität stellt den positiven gesellschaftlichen Gegenentwurf zu Ausgrenzung und Diskriminierung dar. Für unsere Gesellschaft bedeutet die Umsetzung von Diversität die Chance auf vollständige Entfaltung jedes Einzelnen durch Überwindung gesellschaftlicher Barrieren und institutioneller Diskriminierung und damit die Umsetzung der Menschenrechte für jeden Einzelnen.

Um Diversität zu gestalten bedarf es einer Schritt-für-Schritt-Entwicklung von Handlungsweisen und Strategien, die hin zu einer vielfältigen und gerechten Gesellschaft führen. Vorurteile und Ideologien, welche Diskriminierung in gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen rechtfertigen, können erst dann überwunden werden, wenn wir alle die Initiative ergreifen, sie zu verändern.

Genau aus diesem Grund möchten wir mit unserem Projekt „Diversity Matters – Your Story Matters“ und unserer Website ein Zeichen setzen - Diversity is not about the others, it is about you!

Unser Ziel ist es, anderen Studenten:innen, Professor:innen, Mitarbeiter:innen der FH, ganz Kufstein, ganz Tirol, ja eigentlich jedem Menschen zeigen, dass Diversität und Vielfalt eine positive Entwicklung in unserer Gesellschaft sind.

Mit „Diversity Matters - Your Story Matters“ wollen wir echte Geschichten erzählen, um für mehr Aufmerksamkeit hinsichtlich der Themen Migration & Integration zu sorgen, und eine Plattform für Student:innen mit Migrationshintergrund mit allen relevanten Informationen rund um das Thema „Studieren an der FH Kufstein Tirol“ anbieten. Somit können wir gemeinsam einen weiteren Meilenstein setzen und dafür sorgen, dass auch zukünftigen Studierenden mit Migrationshintergrund der Weg an die Fachhochschule Kufstein erleichtert wird und Barrieren gebrochen werden können.

Euer Diversity Matters-Team

Your Story Matters

In Tirol leben ca. 155.000 Migrant:innen, wovon etwa 120.000 im Ausland geboren wurden. Im Folgenden wird sich nur auf letztere bezogen, außer es wird explizit von Migrant:innen gesprochen.

Knapp zwei Drittel der Ausländer:innen stammen aus EU-Ländern. Alleine etwa ein Drittel der Zugewanderten in Tirol stammt aus Deutschland, während beispielsweise alle aus jugoslawischen Nachfolgestaaten und der Türkei stammenden Immigrant:innen zusammen nur gut ein Viertel ausmachen. Ausländer:innen aus asiatischen und afrikanischen Staaten stellen gemeinsam nur etwa 11% dar und nur ca. 0,5% ist staatenlos bzw. hat eine ungeklärte Herkunft. Insgesamt hat etwa jede:jeder fünfte in Tirol lebende einen Migrationshintergrund. Kufstein landet prozentual auf Platz fünf der Bezirke mit den meisten Ausländer:innen in Tirol1.

Bei den demographischen Daten ist zu erwähnen, dass es zwischen Migrant:innen und Österreicher:innen kaum erwähnenswerte Unterschiede gibt, so sind beispielsweise die Zahlen der Männer und Frauen bei beiden Gruppen nahezu ausgeglichen, wobei die Anzahl der Männer jeweils ein wenig überwiegen2.

Lediglich bei der Altersverteilung lassen sich Unterschiede feststellen. In der Gesamtbevölkerung Tirols sind die 50 bis 59-jährigen mit gut 15% die am Stärksten vertretene Altersgruppe. Bei Migrant:innen ist es hingegen die Altersgruppe der 30 bis 39-jährigen. Dicht gefolgt von den 20 bis 29-jährigen3. Das heißt, während die Personengruppen ab dem rentenfähigen Alter ebenso wie Kinder bei Migrant:innen geringer als in der Gesamtbevölkerung vertreten sind, ist die erwerbstätige Altersgruppe stärker vertreten. Somit gibt es unter Migrant:innen einen verhältnismäßig hohen Anteil an Personen, die potenzielle Student:innen sind bzw. werden können.

Literaturverzeichnis:

1) Amt der Tiroler Landesregierung – Abteilung Raumordnung und Statistik (2019) (HR). Demographische Daten Tirol 2018. Land Tirol Homepage, S.22 – 32. Abgerufen am 04.12.2020 https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/statistik-budget/statistik/downloads/BEV2018.pdf

2) Amt der Tiroler Landesregierung – Abteilung Raumordnung und Statistik (2019) (HR). Demographische Daten Tirol 2018. Land Tirol Homepage, S.22 – 32. Abgerufen am 04.12.2020 https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/statistik-budget/statistik/downloads/BEV2018.pdf

3 u. 2) Amt der Tiroler Landesregierung – Abteilung Raumordnung und Statistik (2019) (HR). Demographische Daten Tirol 2018. Land Tirol Homepage, S.22 – 32. Abgerufen am 04.12.2020 https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/statistik-budget/statistik/downloads/BEV2018.pdf

Adressen & Beratungsstellen

für Migrant:innen und Zuwander:innen in Tirol

Hier finden Sie eine Sammlung von unterschiedlichen Informationsquellen. Auf dieser Seite sind die Links als Buttons (rechts) ebenfalls eingebunden.

  1. Arbeitsmarktservice (AMS) Kufstein
    https://www.ams.at/regionen/tirol/geschaeftsstellen/ams-kufstein
  2. Zentrum für Migrant:innen in Tirol (ZeMit)
    https://www.zemit.at/de/
  3. Informations- und Monitoring Zentrum für Migration und Integration in Tirol (IMZ)
    https://imz-tirol.at/
  4. Bibliothek des IMZ-Tirol
    https://imz-tirol.at/imz-bibliothek.html
  5. AST Tirlol & Vorarlberg – Anlaufstelle für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen
    https://www.anlaufstelle-anerkennung.at/anlaufstellen
  6. Land Tirol – Integrationsangebote für Zugewanderte in Tirol
    https://www.tirol.gv.at/gesellschaft-soziales/diversitaet/integrationsangebote-fuer-zugewanderte-in-tirol/
  7. Österreichischer Integrations Fonds – Zentrale Informationen und Angebote für Flüchtlinge und Zuwander:innen
    https://www.integrationsfonds.at/zielgruppen/fluechtlinge-und-zuwanderinnen
  8. Flüchtlingsdienst Diakonie – Unabhängige Beratung Tirol
    https://fluechtlingsdienst.diakonie.at/
  9. Migrationsgeschichte(n) in Tirol – sammeln – archivieren - vermitteln
    https://dam.tirol/
  10. Hier Zuhause – Migrationsgeschichten aus Tirol
    https://hier-zuhause.at/

Alle Beratungs- und Informationsstellen als Download (PDF):

Persönliche Geschichten & Highlights

  • Interview AMS Kufstein (Arbeitsmarktservice)
    Im Gespräch mit Petra Kübler, Wiedereinsteiger- und Gleichstellungsbeauftragte, zu Beratungsthemen in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund.
  • Interview ZeMit (Zentrum für MigrantInnen in Tirol)
    Im Gespräch mit MMag.a. Dr.in Bediha Yildiz, arbeits- und sozialpolitische Beraterin, über Hindernisse von Menschen mit Mirgationshintergrund auf dem Weg zum Studium - und wie ZeMiT sie dabei unterstützen kann.
  • Your Story matters: Personal Storys
    Persönliche Einblicke in das Leben von StudentInnen und DozentInnen an der FH Kufstein Tirol.

Schriftliches Interview mit Petra Kübler

Wiedereinsteiger:innen- und Gleichstellungsbeauftragte des AMS Kufstein

  • Was genau kann man sich unter der Berufsbezeichnung Gleichstellungsbeauftragte vorstellen, und mit welchen Kernaufgaben sind sie konfrontiert?

Meine Aufgaben im AMS als Gleichstellungsbeauftragte umfassen die Entwicklung und Entscheidung von AMS-Kursangeboten gemeinsam mit den Führungskräften, die Sicherstellung der Gleichstellung im Kontext der Kursangebote, die Unterstützung von Frauen bei der Arbeitsuche und die Unterstützung sowie Forcierung von Frauen in Bezug auf Weiterbildung. Außerdem befasse ich mich mit der Aufklärung in Bezug auf Karrieremöglichkeiten von Frauen, die Auswirkungen der Arbeit auf die Pension sowie über Chancen auf dem Arbeitsmarkt versus Segregation des Arbeitsmarktes.

  • Wie und warum sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen und wie lange arbeiten Sie schon in diesem Beruf? (Gab es vielleicht ein ausschlaggebendes Ereignis, welches Sie zu diesem Beruf gebracht hat?)

Als Kind war mir schon klar: „it´s a mens world“. Das hat mich als Mädchen geprägt und ist sicher auch ein Grund, warum ich da gelandet bin wo ich heute arbeite. Retrospektiv betrachtet war ich im Laufe meiner Karriere - die unter anderem eine Selbständigkeit beinhaltet, dann Tätigkeiten als Trainerin im privaten Bildungsbereich, die mich schließlich zum AMS führten - immer schon unterstützend und motivierend beschäftigt. Das Thema Gleichstellung in der Arbeit begleitet mich bereits seit über 15 Jahren. Nachdem ich in meiner Kindheit schon mit Diskriminierung als Mädchen zu kämpfen hatte, unterstütze ich heute Frauen auf ihrem Weg zurück in die Arbeitswelt, die immer noch nicht frei von Diskriminierung und Ungleichbehandlung ist.

  • Mit welchen offenen Fragen oder Anliegen kommen speziell Menschen mit Migrationshintergrund zu Ihnen? (Evtl. häufigster Beratungsverlauf in dieser Situation in Hinblick auf Integration)

Die unten angeführten Beispiele sind nach Häufigkeit gelistet:

  1. Die Anfrage nach Sprachkursen ist überwiegend das Thema.
  2. Finanzielle Unterstützung für Kinderbetreuung und generell finanzielle Fördermöglichkeiten.
  3. Ausbildungswünsche/Weiterbildungsmöglichkeiten/Schulabschlüsse sind auch relevant.
  4. Die Nachfrage an Beratungsstellen die den Frauen bei ihren Problemen innerhalb der Familie helfen.
  • Gibt es spezielle Unterlagen bzw. Bedingungen, die Menschen mit Migrationshintergrund erfüllen müssen, um einen Beruf ausüben/erlernen zu können oder an einer Schule/Fachhochschule/Universität lernen zu können?

Das Wichtigste ist die Sprache. Sie ist der Schlüssel zu jeder weiteren Entwicklung, sei es in Richtung Studium, Ausbildung, oder Arbeit. Die Aufnahmekriterien für ein Studium oder für Fachhochschulen in Österreich gelten auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Abhängig davon, ob es sich um eine Ausbildung oder ein Studium handelt, ist das Sprachniveau B bis C laut Europäischem Sprachrahmen erforderlich und mittlerweile bei Aufnahmetests für fast alle Studienrichtungen an Universitäten und auch bei Aufnahmetests für Fachhochschulen integriert.

Auch für eine Berufsausbildung ist die Sprache der Schlüssel zum Erfolg. Ein Lehrberuf schließt mit einer Lehrabschlussprüfung ab, die sicher leichter zu schaffen ist, wenn die Sprachkenntnisse adäquat sind.

  • Gibt es spezielle Förderungs- bzw. Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund, beispielsweiße für schulische Ausbildungen oder Berufsausbildungen?

Das AMS hat eigene Unterstützungs- und Ausbildungsprogramme für Jugendliche mit Pflichtschulabschluss oder ohne Abschluss. Hier greift die gesetzliche Ausbildungspflicht für unter 25- jährige, die auch ein gesetzlicher Auftrag an das AMS ist. Das AMS legt auch den Focus auf Personen über 25 Jahren, die keine Ausbildung haben. Und hier bin ich mit der Position der Gleichstellungsbeauftragten in der Pflicht, in meinem Fall Frauen, zu unterstützen und diesbezüglich zu beraten. Das heißt in Hinblick auf das AMS stellt man sich nicht die Frage, ob ein Migrationshintergrund besteht oder nicht, sondern wenn keine Ausbildung vorhanden ist unterstützt das AMS personenbezogen. Genauso wenn Weiterbildung der Schlüssel zum Erfolg ist, unterstützt das AMS unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Migrationsgrad im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten.

  • Was sind die größten Herausforderungen oder Hindernisse für Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Schule besuchen, oder ein Studium absolvieren wollen?

Die Erziehung und das Elternhaus sind entscheidend für die Entwicklung und die Chancen von Kindern. Dies zeigt meine Arbeit Tag für Tag, die ich in meiner Position als Gleichstellungsbeauftragte und auch als Wiedereinsteiger:innen Beraterin ausfülle. Keine ausreichenden Sprachkenntnisse, die „geistige Prägung“ in der Kultur und Lebensweise des Herkunftslandes, oder wenn man in Österreich geboren ist, die „geerbte Kultur“ der Eltern und Familie im Gegensatz zur gängigen Kultur und Lebensweise sind die Herausforderungen und können Hindernisse sein.

  • Haben Sie hierzu eventuell einen persönlichen Ratschlag für Menschen mit Migrationshintergrund, den Sie in Ihrer Beratung immer wieder gerne mit auf den Weg geben?

Egal woher ich komme und wer ich bin - wenn ich die Möglichkeiten habe mein Leben zu gestalten und zu leben dann nutze diese Chancen, egal was die Familie, die Freunde oder wer auch immer dazu sagen. Es ist mein Leben. Das muss ich selbst leben und in Österreich gibt es die Möglichkeiten dazu.

  • Im Laufe Ihrer Karriere im Bereich Migration & Integration – was war Ihr persönliches Highlight? Welche Geschichte hat Sie besonders berührt?

Eine meiner Kundinnen, die wegen ihres Mannes nach Österreich gezogen ist und am Anfang komplett von ihm abhängig war, hat über das Kursangebot des AMS Deutsch gelernt. Sie hat eine Ausbildung gemacht und über das AMS Arbeit gefunden, und das mit kleinen Kindern. Ihre Kultur war eine andere. Aber ihr war klar, dass sie ihr Leben anpassen muss, um eine Chance zu haben. Das hat sie auch von Anfang an gesagt. Mit ihrem sehr rudimentären Sprachschatz sagte sie beim ersten Termin zu mir:“ Ich leben hier und muss lernen Deutsch, ist wichtig“. Ich denke diese Aussage ist bezeichnend. Wenn wir uns treffen bin ich stolz, dass ich sie auf diesem Weg begleiten und miterleben durfte, wie sie sich im Laufe der Zeit zu einer selbstbestimmten Person entwickelt hatte, die auch ihre finanzielle Selbständigkeit schaffte. Diese Frau hat wirklich die Möglichkeiten genutzt und aus ihrem Leben etwas gemacht. Es war sicherlich nicht immer einfach, noch dazu mit den Kindern, aber es war machbar!

Wir danken Ihnen sehr, dass Sie sich für dieses wichtige Thema Zeit genommen haben und uns im Praxisprojekt „Diversity Matters“ unterstützen!

Unserem Aufruf „Diversity matters, your story matters” sind Student:innen und Dozent:innen aus aller Welt gefolgt. Von den Niederlanden, über Indien und den USA bis hin nach Afrika. Ein junger Mann aus Ghana hat uns kontaktiert, um uns seine Erfahrungen als Student an der FH Kufstein Tirol zu erzählen.

"Ich habe noch nie einen richtigen Schilift gesehen"

Der 24-Jährige ist in Ghana geboren und aufgewachsen. Er hat dort den Bachelorstudiengang für „Integrated Business Studies Management“ besucht und abgeschlossen.

Ein Freund, den er schon seit dem Kindergarten kennt, besucht einen ähnlichen Studiengang in Deutschland. Er hat ihm von der renommierten Fachhochschule in Tirol erzählt und ihm geraten, sich dort einzuschreiben. Gesagt, getan und so kommt es, dass der junge Ghanaer seit November 2020 den Masterstudiengang „International Business Studies“ an der FH Kufstein Tirol besucht.

Obwohl er sich schon so auf das berühmte österreichische Essen, von dem er schon so viel gehört hat, freut und es kaum erwarten kann, endlich mal mit einem Sessellift einen Berg hinauf zu fahren und auf Skiern herunter zu brettern, hat es der junge Mann bis heute noch nie nach Kufstein geschafft. Eigentlich wollte er schon 2019 nach Tirol kommen, doch die Behördengänge sind sehr langwierige und komplizierte und es ist nicht so einfach die nötigen Dokumente zu bekommen. Die weltweite Corona Pandemie hat die Sache dazu zunehmend erschwert.

„Es ist in Ghana sehr schwierig, an ein Visum zu kommen. Die österreichische Botschaft ist kilometerweit entfernt und es kostet viel Zeit und Geld, um sie aufzusuchen. Nicht jedem ist dies möglich.“

Zurzeit ist der Student noch zu Hause und kann die Vorlesungen des Studiums nur virtuell besuchen – glücklicherweise finden auf Grund der aktuellen Covid 19 Pandemie alle Vorlesungen sowieso nur virtuell statt.

Der 24-jährige Student hat uns in unserem Interview erzählt, dass das Studieren in Kufstein für ihn nicht sehr viel schwieriger wäre als in Ghana. Das Onlineproramm ist sehr gut und übersichtlich und der Lernstoff ist auch nicht schwieriger als an seiner alten Universität.

Obwohl er noch nie in Österreich war, so sind ihm doch einige Unterschiede zwischen ihm und seinen KommilitonInnen aufgefallen. „Österreicher:innen sind alle sehr freundlich und dennoch sind sie sehr individualistisch und selbstbezogen. Ein gutes Bespiel dafür ist, dass das Schulsystem in Ghana sich vom Österreichischen unterscheidet und ich nicht immer alles verstehe. Kaum jemand aus meiner Gruppe macht sich die Mühe mir zu helfen und mir die Dinge, die ich nicht verstehe zu erklären.“

Alles in allem freut sich der junge Mann aus Ghana, wenn er endlich nach Kufstein kommen und neue Erfahrungen in einem anderen Land sammeln kann.

„Ich habe noch nie einen richtigen Schilift gesehen und freue mich schon sehr auf meine ersten Versuche im Wintersport. Hoffentlich kann ich 2021 endlich nach Kufstein kommen.“

Master Studentin Amulya

Student Joost

Interview ZeMit