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Dem Wald auf der Spur – Forschung mit Wurzeln in Kufstein

  • 29.10.2025
  • Forschung
Nina Oberreiter trägt warme Kleidung und steht mit Notizbuch und Handschuhen im Stadtwald Kufstein. Im Hintergrund sind Markierungsstäbe und junge Bäume zu sehen.
© privat

Verfasserin Nina Oberreiter bei der Feldarbeit im Kufsteiner Stadtwald.

Nina Oberreiter, Absolventin des Studiengangs Energie- & Nachhaltigkeitsmanagement, hat sich in ihrer Bachelorarbeit dem Kufsteiner Stadtwald gewidmet. Ihr Ziel: zu verstehen, wie sich der Wald von selbst erneuert – und was nötig ist, um ihn fit für den Klimawandel zu machen.

Wenn Nina Oberreiter von ihrem Wald spricht, spürt man sofort, wie sehr sie mit ihm verbunden ist. Die 22-Jährige ist in Kufstein aufgewachsen – zwischen Buchen, Fichten und Moos. „Der Wald war immer ein Rückzugsort und Energiespender für mich“, erzählt sie. Doch je älter sie wurde, desto stärker wurde auch ihr Interesse an den ökologischen Zusammenhängen – und an der Frage, wie es um die Zukunft dieser Wälder steht.

Ein Forschungsprojekt mit lokalem Herz

Dieses Interesse führte sie schließlich zur Bachelorarbeit im Studiengang Energie- & Nachhaltigkeitsmanagement (nun: Energy & Sustainability Management) an der FH Kufstein Tirol. Unter dem Titel Umweltmanagement im Forstwesen untersuchte Oberreiter, ob sich im Kufsteiner Stadtwald natürliche Verjüngungsprozesse in Richtung eines laubbaumdominierten Mischwaldes nachweisen lassen – oder ob gezielte forstwirtschaftliche Maßnahmen nötig sind, um eine klimaresiliente Waldstruktur zu fördern.

Betreut wurde die Arbeit von Asc. Prof. (FH) Dipl.-Ing. (Univ.) Christian Huber, der Oberreiter ermutigte, ihre Leidenschaft für Biodiversität und Nachhaltigkeit in ein eigenständiges Forschungsprojekt einfließen zu lassen.

Unterstützt wurde sie zudem von MMag. Peter Holzknecht, Leiter der Umwelt- und Nachhaltigkeitsabteilung der Stadt Kufstein, sowie den Kufsteiner Förstern Richard Schmid und Philipp Weninger. „Ich hatte am Anfang kaum naturwissenschaftliches Vorwissen“, sagt Oberreiter. „Aber ich durfte unglaublich viel lernen – direkt im Wald, von Experten, die ihn täglich pflegen und schützen.“

Eine Nahaufnahme zeigt einen kleinen Tannentrieb mit roter Markierung inmitten von Laub, Efeu und Waldboden. Eine gepunktete Gartenhandschuh-Hand hält den Trieb vorsichtig fest.
© privat

Ein markierter Jungbaum im Rahmen der Vegetationsaufnahme – Grundlage für die Analyse der Verjüngungsprozesse.

Forschung mit Gummistiefeln

Für ihre Arbeit legte sie zwei Untersuchungsflächen an und kartierte über mehrere Monate hinweg Jungbäume, markierte sie mit unterschiedlichen Farben und dokumentierte ihr Wachstum. Sie lernte, Baumarten an Knospen und Rinden zu erkennen, führte Expert:innengespräche und wertete Daten zum Borkenkäfermonitoring aus.

„Ich habe in keiner Quelle so viel gelernt wie in den Stunden mit den Förstern im Wald“, erinnert sie sich.

Die Ergebnisse zeigen: Der Wald verjüngt sich bereits – vor allem Ahorn, Tanne und Buche gewinnen an Bedeutung, während die Fichte zunehmend zurückgedrängt wird. Dennoch reicht der natürliche Prozess nicht aus, um den Klimawandel auszugleichen. „Die Umtriebszeit des Waldes beträgt rund 120 Jahre – zu lang, um den Veränderungen standzuhalten. Deshalb braucht es gezielte Aufforstung und aktives Wildmanagement“, fasst Oberreiter zusammen.

Ein Wald, der unser Wasser schützt

Besonders bewegt hat sie, wie viel Engagement und Leidenschaft in der täglichen Arbeit der Förster steckt – und wie oft diese Arbeit in der Öffentlichkeit leider nicht richtig wahrgenommen oder anerkannt wird. „Viele sehen nur, dass Bäume gefällt werden. Aber kaum jemand weiß, wie wichtig diese Eingriffe für den Schutz des Waldes und unserer Trinkwasserversorgung sind.“

Denn der Kufsteiner Stadtwald ist Quellschutzwald. Heißt: Er filtert und speichert das Wasser, das später aus den Leitungen der Stadt fließt. „Für Kufstein ist dieser Wald ein echtes Juwel“, betont Oberreiter.

Ein mit Holzstäben und roter Schnur abgegrenztes Versuchsfeld in einem bewaldeten Hangbereich des Stadtwalds Kufstein. Im Hintergrund sind herbstlich gefärbte Bäume und ein Gebirgszug sichtbar.
© privat

Eines der abgesteckten Untersuchungsgebiete, in denen Baumarten und Standortbedingungen systematisch erhoben wurden.

Zwischen Wissenschaft und Bewusstseinsbildung

Nach Abschluss ihrer Arbeit blieb Oberreiter dem Thema treu: Gemeinsam mit der Stadtgemeinde arbeitet sie bereits an neuen Projekten, die das Bewusstsein für den Wert des Waldes in der Bevölkerung stärken sollen – insbesondere bei Kindern. „Nur was man kennt, schützt man“, sagt sie.

Auch die Verbindung zwischen Forschung und Praxis bleibt bestehen. Oberreiter möchte weiter erkunden, wie digitale Technologien, etwa Drohnen oder App-basiertes Monitoring, die Forstwirtschaft unterstützen können. „Aber am wichtigsten bleibt der Mensch, der den Wald versteht – und ihn mit Respekt behandelt.“

Vier Mitglieder eines Forschungsteams stehen nebeneinander vor einer historischen Steinmauer in Kufstein. Im Hintergrund sind grüne Bepflanzung, Häuserfassaden und Berge zu sehen.
© Standortmarketing Kufstein

Nina Oberreiter wurde bei ihrer Bachelorarbeit von den Stadtförstern Philipp Weninger und Richard Schmid (links) sowie Abteilungsleiter Peter Holzknecht (rechts) fachlich unterstützt. Ein Artikel über ihre Arbeit erschien im Stadtmagazin Kufstein.

Nachhaltigkeit mit Wurzeln

Mit ihrer Bachelorarbeit hat Nina Oberreiter nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse über den Kufsteiner Stadtwald geliefert, sondern auch eine Brücke zwischen Hochschule, Stadt und Bevölkerung geschlagen.

Sie zeigt, dass Nachhaltigkeit dort beginnt, wo Verwurzelung, Neugier und Verantwortung zusammentreffen, und dass große Forschung manchmal ganz klein anfängt: mit einem Markierungsstift, einem Baumsetzling und einer großen Portion Leidenschaft.

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