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Demokratie am Abgrund? Dr. Franz Fischler schlägt Alarm

  • 30.05.2025
  • Allgemein
Prof. (FH) Dr. Peter Dietrich und Dr. Franz Fischler am Podium des Festsaals der FH Kufstein Tirol.  | © FH Kufstein Tirol
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Dr. Franz Fischler beim Management Forum an der FH Kufstein Tirol über die Stärkung der politischen Mitte in Europa. Moderation: Prof. (FH) Dr. Peter Dietrich.

Am 23. April 2025 fand an der FH Kufstein Tirol im Rahmen des Management Forums ein Vortrag von Dr. Franz Fischler statt. Unter dem Titel Wer eine liberale Demokratie will, muss die politische Mitte stärken beleuchtete der ehemalige EU-Kommissar die aktuellen Herausforderungen für demokratische Gesellschaften.

Dr. Franz Fischler, ehemaliger österreichischer Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (1989–1994) und von 1995 bis 2004 EU-Kommissar für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei, gilt als profunder Kenner europäischer Institutionen und politischer Prozesse. Seine langjährige Erfahrung in nationalen und europäischen Ämtern prägte auch seine differenzierte Analyse der aktuellen politischen Lage in Europa.

POLITISCHE MITTE UND EIN EUROPÄISCHES NARRATIV

Fischler machte deutlich, dass die politische Mitte zunehmend an Stärke verliere. Es handle sich dabei nicht bloß um einen schmaler werdenden Durchschnitt, sondern um einen Raum, der politisch und gesellschaftlich an Substanz verliert. Diese Entwicklung sei gefährlich für die repräsentative Demokratie, in der regelmäßig gewählte Vertreter:innen für eine bestimmte Zeit die Verantwortung übernehmen. Der Rückhalt für diese Mitte bröckle – eine Herausforderung, der man mit Reformen und neuen politischen Erzählungen begegnen müsse.

Gruppenfoto anlässlich des Vortrags von Dr. Franz Fischler an der FH Kufstein Tirol, aufgenommen im Festsaal vor dem Podium.  | © FH Kufstein Tirol
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Dr. Volker Steindl, Präsident des Lions Club Kufstein; Dr. Franz Fischler; Moderator Prof. (FH) Dr. Peter Dietrich; FH-Gründer Prof. KommR Walter J. Mayr, MBA (v.l.n.r.).

In diesem Zusammenhang plädierte Dr. Fischler für ein neues europäisches Narrativ: Europa solle der lebenswerteste Kontinent der Welt sein – ohne jemanden zurückzulassen. Dies gründe sich auf die umfassenden Menschenrechte und Grundwerte, die in der EU verankert sind. Die Union stehe für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, soziale Verantwortung, kulturelle Vielfalt und wissenschaftlichen Fortschritt. Diese Kraft der Mitte gelte es dringend zu stärken – sowohl nach innen als auch nach außen.

SOZIALE MEDIEN UND JUNGE MENSCHEN NICHT UNTERSCHÄTZEN

Ein weiteres zentrales Thema war der politische Umgang mit sozialen Medien. Fischler betonte die enorme Bedeutung dieser Plattformen für die politische Meinungsbildung und kritisierte, dass viele Parteien in diesem Bereich völlig versagt hätten. Ihre Auftritte seien veraltet, wenig ansprechend und würden das Potenzial der sozialen Medien nicht ausschöpfen.

Europa kann der lebenswerteste Kontinent der Welt sein – aber nur, wenn wir die liberale Demokratie schützen und niemanden zurücklassen.

Dr. Franz Fischler

Zugleich widersprach er der oft geäußerten Annahme, dass sich junge Menschen nicht mehr für Politik interessieren. Diese Aussage sei falsch – das Interesse sei durchaus vorhanden, werde aber von der Politik oft nicht ernst genommen oder abgeholt.

DISKUSSION UND STUDIERENDENPERSPEKTIVE

Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Studierende und Gäste griffen Fragen rund um den Umgang mit Populismus, die Rolle sozialer Medien und die Zukunft der EU auf.

RELEVANZ FÜR DIE FH KUFSTEIN TIROL

Gerade für die internationalen wirtschafts- und kommunikationsorientierten Studiengänge der FH Kufstein Tirol ist das Thema von zentraler Bedeutung. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftliche Stabilität bilden die Grundlage für nachhaltiges wirtschaftliches Handeln und verantwortungsvolle Führung. Die Moderation des Abends übernahm Prof. (FH) Dr. Peter Dietrich, der auch die anschließende Fragerunde leitete.

APPELL ZUM SCHLUSS

Dr. Fischler beendete seinen Vortrag mit einem klaren Appell: „Europa kann der lebenswerteste Kontinent der Welt sein – aber nur, wenn wir die liberale Demokratie schützen und niemanden zurücklassen.“

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