KI trifft Tradition – Familienunternehmen im Aufbruch

02.12.2025
Eventrückblick

Diskussion auf hohem Niveau: Das vollbesetzte Podium beim 9. Family Business Day an der FH Kufstein Tirol.

Beim 9. Family Business Day an der FH Kufstein Tirol trafen Expert:innen, Unternehmer:innen und Studierende zusammen, um Chancen und Herausforderungen von KI in Familienunternehmen zu diskutieren – mit viel Tiefgang, Praxisbezug und starken Impulsen für die nächste Generation.

Am 21. November verwandelte sich der Festsaal der FH Kufstein Tirol in einen Treffpunkt für führende Köpfe aus Wirtschaft und Wissenschaft: Beim 9. Family Business Day stand unter dem Motto KI trifft Tradition – Wie fit sind Familienunternehmen? ein Thema im Zentrum, das derzeit wohl kein Unternehmen kaltlässt.

Ein herzliches Willkommen – und ein klarer Auftrag

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Prof. (FH) Dr. Claudia Van der Vorst, MBA, Vizerektorin der FH Kufstein Tirol. Sie betonte die besondere Rolle von Familienunternehmen als Rückgrat der regionalen und internationalen Wirtschaft und die Bedeutung, Zukunftsthemen wie KI aktiv anzugehen.

Anschließend gab Prof. (FH) DDr. Mario Situm, MBA einen kompakten Überblick über das Programm und den roten Faden des Tages: Wie können Familienunternehmen die Potenziale von KI nutzen, ohne ihre Werte und Traditionen zu verlieren? Sein Impuls war ein klarer: KI ist kein Selbstzweck – aber sie wird zum strategischen Erfolgsfaktor.

Neue Wurzeln – neue Chancen

Den ersten Fachvortrag hielt Prof. (FH) Dott. Markus Weishaupt, der die Frage stellte, ob Familienunternehmen gerade im Begriff sind, den Anschluss zu verlieren. Seine Analyse: Trotz hoher Relevanz werde KI in vielen Betrieben noch immer als reines Zukunftsthema gesehen. Dabei brauche es „neue Wurzeln“, wie er sagte – einen radikalen, aber gut begründeten Transformationspfad, um langfristige Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Prof. (FH) Dott. Markus Weishaupt beleuchtete, ob Familienunternehmen aktuell vor der Herausforderung stehen, mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Weishaupt spannte den Bogen von Digitalisierung über Industrie 4.0 bis zur generativen KI, die seit 2023 den Durchbruch erlebt hat. 2025 sei ein Wendepunkt: „Aus Interesse wird Handeln“, besonders, weil technologische Entwicklung und Generationenwechsel gleichzeitig stattfinden. Für junge Nachfolger:innen entstehe damit „historisch gesehen eine einmalige Chance, ihrem Unternehmen den eigenen Stempel aufzudrücken.“

Aus der Praxis – KI als Partner, nicht als Gefahr

Thomas Baumann, MA, Geschäftsführer der Empl Fahrzeugwerk GmbH, zeigte anschließend, wie KI zum strategischen Partner eines Familienbetriebs werden kann. Dabei gehe es nicht um das Über Bord werfen von Traditionen, sondern um den klugen, verantwortungsvollen Einsatz neuer Technologien.

Michael Dür, Geschäftsführer der CARINI GmbH, nahm das Publikum mit auf die Reise eines Unternehmens, das zwischen jahrzehntelangem Fortschritt und einem bevorstehenden Umbruch steht. Der schwierigste Teil sei oft nicht die Technik – sondern die Menschen für neue Wege zu begeistern.

Esther Ausserhofer, MSc., Verwaltungsrätin im Familienunternehmen Dr. Schär, gab schließlich Einblicke in die Lebensmittelbranche. KI ermögliche völlig neue Analyse- und Entwicklungsprozesse und könne sogar Hinweise darauf liefern, „was Konsument:innen morgen frühstücken möchten.“ Gleichzeitig brauche es kontinuierliche Kompetenzentwicklung im Team – nur so funktioniere Wandel im Alltag.

Podiumsdiskussion: KI zwischen Möglichkeiten und Verantwortung

Einer der Höhepunkte des Nachmittags war die von Prof. (FH) Dott. Markus Weishaupt moderierte Podiumsdiskussion. Neben den Vortragenden bereicherten drei weitere Persönlichkeiten das Gespräch:

Reinhold M. Karner, Topseller-Autor, Entrepreneur und langjähriger Mentor
Joe Empl, Vizepräsident und Geschäftsführer der Empl Fahrzeugwerk GmbH
Jennifer Koller, MA, BA, Innovationsmanagerin im Bezirk Kitzbühel und Teil des Managements im START.N Kitzbühel

Karner sorgte mit seinen fundierten Einschätzungen für Aufmerksamkeit – etwa wenn er erklärte, warum KI trotz beeindruckender Datenmengen nicht „intelligent“ im menschlichen Sinne sei: „Die KI ist trainiert mit einem ganzen Meer an Informationen – alles, was es gibt. Deshalb ist heute Wissen nicht mehr Macht. Der wahre Hebel liegt in der Nutzung dieser Informationen“.

Joe Empl lenkte den Blick auf die Realität vieler Industriebetriebe in Österreich: Effizienz bleibt ein Muss, internationaler Wettbewerb ebenso. KI könne helfen, Fachkräftemangel abzufedern, aber nur dort, wo Prozesse sich sinnvoll automatisieren lassen. Gleichzeitig entstünden neue Aufgaben: „Die Tätigkeit ändert sich, das ist klar. Aber viele Jobs bleiben, weil sie gar nicht ersetzt werden können“.

Die Tätigkeit ändert sich, das ist klar. Aber viele Jobs bleiben, weil sie gar nicht ersetzt werden können.

Joe Empl

Vizepräsident und Geschäftsführer der Empl Fahrzeugwerk GmbH

Jennifer Koller wiederum hob die Rolle von KI als kreativen Sparringpartner hervor. Kreativität entstehe immer im Zusammenspiel, ob mit Menschen oder intelligenten Werkzeugen. KI könne Impulse geben, die man weiterentwickelt: „Am Ende ist es immer meine Entscheidung als Unternehmerin, was ich daraus mache.“

Dass diese Fragen auch das Publikum bewegen, zeigte eine Reihe kritischer und lebhaft diskutierter Beiträge aus den Reihen der Gäste. Die Themen reichten von Jobverlustängsten über Innovationsdruck bis hin zur Frage, ob KI überhaupt kreativ sein kann.

Fazit: Zukunft gestalten heißt Mut zeigen

Der 9. Family Business Day machte klar: Die Verbindung von KI und Tradition ist kein Widerspruch – sie ist eine enorme Chance. Familienunternehmen verfügen über Werte, Stabilität und langfristiges Denken. KI ergänzt diese Stärken durch Geschwindigkeit, Datenkompetenz und neue Perspektiven.

Damit diese Verbindung gelingt, braucht es Offenheit, Lernbereitschaft und den Mut, neue Wurzeln zu schlagen. Die vielen konkreten Einblicke, Diskussionen und Publikumsfragen zeigten: Der Wandel hat begonnen – und Familienunternehmen haben beste Voraussetzungen, ihn aktiv zu gestalten.