10. Tagung Smarte Produkte & Systeme: Naturgefahrprävention
- 20.12.2024
- Eventrückblick

Teilnehmer:innen der 10. Fachtagung Smarte Produkte & Systeme diskutieren mit Expert:innen für Naturgefahrenprävention über Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen digitaler Technologien.
Mitte November fand die 10. Fachtagung Smarte Produkte & Systeme an der FH Kufstein Tirol statt. Das Thema lautete Digital vorbereitet, effektiv geschützt – Innovative Ansätze für die Naturgefahrenprävention. Experten:innen diskutierten die Herausforderungen und mögliche technologische Umsetzungen.
Die Entwicklung von smarten Technologien hat insbesondere durch das Internet der Dinge (IoT) in den vergangenen Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Inwiefern diese Technologien auch im Bereich der Naturgefahrenprävention einen Mehrwert bieten und ob diese bereits im Einsatz sind waren zwei der Aspekte, welche die Teilnehmenden im Rahmen der Fachtagung erörterten.
Arbeitsgruppe Alpine-IoT
Nach der Begrüßung durch Prof. (FH) Dipl.-Ing. Thomas Schmiedinger, PhD stellte sich die Arbeitsgruppe Alpine-IoT vor, die sich im Rahmen von Forschungsprojekten mit IoT-Systemen für alpine Anwendungen auseinandersetzt. Im Zuge dessen kamen auch laufende Projekte kurz zur Sprache: Unter anderem forscht die Arbeitsgruppe momentan im Projekt Intelligente Skipiste an einem Monitoringsystem, um den Zustand einer Skipiste erfassen zu können. In einem anderen Vorhaben setzen die Forschenden ein System ein, das die Position von Objekten im Zentimeterbereich bestimmen kann.
Alpine Winterrisiken: Technologische Antworten
Im Rahmen der ersten Session, moderiert von Martin Schafferer MSc. MSc., lag der Fokus auf Naturgefahren im Winter. Dr. Jan Thomas Fischer (Institut für Naturgefahren, Bundesforschungszentrum für Wald) präsentierte in seinem Impulsvortrag Erkenntnisse bezüglich der Erfassung von Partikel-Bewegungsbahnen in einer Lawine. Mithilfe dieser Bewegungsdaten lassen sich Lawinensimulationsmodelle verifizieren, was die Genauigkeit der Simulationen maßgeblich erhöhen kann. Es zeigte sich, dass die Messumgebung eine Herausforderung an die Sensoreinheiten stellt: Gleichzeitig können mit diesen Daten wertvolle Einblicke in das Verhalten von Lawinen gewonnen werden. Stefan Ortner (Geschäftsführer bei LO.LA alpine safety management) stellte die Prozesse bei der Bestimmung der lokalen Lawinenwarnstufe vor. Eine große Herausforderung in diesem Bereich ist die Kommunikation mit den unterschiedlichen Anwender:innen. Auch die Einbindung von digitalen Technologien in den Entscheidungsprozess kam zur Sprache – insbesondere der Aspekt der Verantwortlichkeit. Dr. Markus Keuschnig (Georesearch Forschungsgesellschaft mbH) referierte über Projekte mit Fokus auf dem Open-Air-Lab Kitzsteinhorn. In dieser einzigartigen hochalpinen Testumgebung entwickelt und bewertet sein Team neue Technologien und Methoden.
Im Rahmen der offenen Diskussion kam das Thema Gleitschneeprobleme bei Skipisten auf. In der vergangenen Wintersaison klaffte in einer Skipiste ein tiefer Riss, welcher aufgrund des homogenen Untergrunds auftrat. Dies zeigt, wie stark die einzelnen Bereiche im hochalpinen Raum ineinanderwirken. Außerdem sprachen Teilnehmende und Expert:innen über die Diskrepanz zwischen den messbaren Parametern und der Aussagekraft der Parameter. Oftmals ist es noch nicht klar, ob die messbaren Parameter wirklich entscheidend sind oder ob es weitere Messmethoden braucht, um relevante Parameter erfassen zu können. Maßgeblich für alle Anwendungen ist und bleibt die Energieversorgung. Gerade in schwer zugänglichen Bereichen ist eine stabile und verlässliche Energieversorgung notwendig, um den Betrieb der Messeinheiten aufrecht zu halten. Gleichzeitig bieten neue Ansätze im Bereich Sensornetzwerke Möglichkeiten, redundanten Messsysteme aufzubauen.
Extreme Wetterereignisse: Smart durch den Sommer
Nach einer Pause in der Community-Area startete die zweite Session zu Naturgefahren im Sommer. Die Meteorologin Judith Käfer vom Start-Up Monitorius präsentierte die aktuelle Datenlage zum Klimawandel und stellte die Auswirkungen auf den alpinen Raum dar. Zukünftig ist mit einer Zunahme und Intensivierung von Starkniederschlägen zu rechnen. Diese werden aller Voraussicht nach durch längere Trockenperioden unterbrochen. Dadurch kommt es wahrscheinlich zu einer Zunahme von Muren, Hangrutschungen, Steinschlag und auch zu einer möglichen Beschleunigung oder Reaktivierung tiefgründiger Hangdeformationen. Daran anschließend beantwortete Dr. Marc Ostermann (GeoSphere Austria) die Frage, ob die Anzahl der gravitativen Massenbewegungen in den vergangenen Jahren zugenommen hat, mit einem klaren Ja. Neben den unmittelbar erkennbaren Ereignissen wie zum Beispiel Steinschlag, gibt es auch langsame und großflächige Massenbewegungen, die ganze Geländeabschnitte betreffen können.
Durch die Verfügbarkeit von Messtechnologien ist es nun auch möglich, Bewegungen zu detektieren und zu quantifizieren. Rainer Krammer (AVT Airborne Sensing GmbH) zeigte in seinem Impulsvortrag auf, welche Sensortechnologien für fliegende Plattformen nutzbar sind. Gerade eine Befliegung kann wertvolle Informationen mit einer hohen räumlichen Auflösung generieren. Damit lassen sich beispielsweise im städtischen Raum Hitze- und Kälteinseln identifiziert: Diese sind für die Raumplanung hinsichtlich Lebensqualität und Gesundheit von hoher Bedeutung. Abschließend präsentierte Johannes Branke (Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich für Geotechnik, Universität Innsbruck) seine Forschungstätigkeiten im Bereich Erfassung von gravitativen Hangverformung am Beispiel des Berges Reissenschuh. Er demonstrierte anschaulich, dass es oft an der zeitlichen Auflösung von Messungen mangelt. Eine Zeitreihe bietet mehr Informationen, um die zugrundeliegenden Prozesse besser verstehen zu können. In der anschließenden offenen Diskussion lag der Fokus auf dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auf Naturgefahren. Auch arbeiteten die Teilnehmenden gemeinsam die Notwendigkeiten im Bereich des Monitorings heraus.
Ausblick in die Zukunft
Die Erfassung von Daten im alpinen Raum im Sinne der Naturgefahrenprävention wird zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Durch die Kombination von kostengünstigen und miniaturisierten Sensoren lassen sich auch großflächig Gebiete vermessen, wobei die Verhältnismäßigkeit im Sinne der Nachhaltigkeit nicht außer Acht gelassen werden darf. Dafür braucht es unterschiedliche Skills, die von der Kommunikation über Geologie und Meteorologie bis hin zu Technologie reichen müssen. „Die Fachtagung zeigte auf, wohin die Entwicklung im Bereich Monitoring gehen kann und wie vielfältig dieses Umfeld ist“, resümiert Prof. (FH) Dipl.-Ing. Thomas Schmiedinger, PhD die Veranstaltung. „Die Expert:innen brachten in den Impulsvorträgen ihr Wissen auf den Punkt und die gemeinsame Diskussion ermöglichten spannende Einblicke und zahlreiche neue Impulse für zukünftige Projekte. Mit unserer Arbeitsgruppe Alpine-IoT sind wir da sehr gut aufgestellt und freuen uns auf die kommenden Jahre.“