Nachhaltiges Marketing als Hebel für Veränderung
- 02.05.2025
- News Studiengang

Maximilian Mauracher von NEW STANDARD.STUDIO spricht im Interview über die Mission, nachhaltige Transformation mit kreativem Marketing voranzutreiben.
Marketing, das nicht nur verkauft, sondern auch etwas bewegt? Maximilian Mauracher von NEW STANDARD.STUDIO erzählt im Gespräch mit Prof. Dr. Bert Neumeister, wie das Unternehmen nachhaltige Transformation vorantreibt.
Was kann Marketing heute wirklich bewirken – jenseits von Verkauf und Konsum? Maximilian Mauracher, Mitgründer der Berliner Agentur NEW STANDARD.STUDIO, denkt Marketing radikal neu: als Werkzeug für nachhaltige Veränderung. Im Gespräch mit Prof. Dr. Bert Neumeister vom Masterstudiengang Digital Marketing erklärt er, wie Design, Kommunikation und Haltung zusammengehören – und warum gerade junge Talente mit frischen Ideen jetzt gefragter sind, denn je. Ein Gespräch für alle, die Marketing nicht nur als Beruf, sondern als Hebel für Veränderung verstehen.
Erzähl uns bitte etwas über dich, New Standard.Studio und eure Arbeit.
Maximilian Mauracher: „Ich bin Maximilian Mauracher, Mitgründer und Geschäftsführer von NEW STANDARD.STUDIO, einer Strategieberatung und Kreativagentur für die Circular Economy. Wir arbeiten an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit, Kommunikation und Design – mit dem Ziel, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Wirkung zu verstehen, zu verbessern und sichtbar zu machen. Mein Hintergrund liegt im Branding und in der strategischen Kommunikation, aber mein Antrieb ist inzwischen stärker denn je: Unternehmen beim echten Wandel zu begleiten. Gemeinsam mit unserem interdisziplinären Team entwickeln wir Kommunikationsstrategien, visuelle Identitäten und Kampagnen, begleiten Unternehmen noch davor aber in der Strategieentwicklung, Zielsetzung und Umsetzungsbegleitung. Wir glauben an Design als Katalysator – nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern auch für Transformation.“
Sind starke und zeitgemäße Marken immer auch nachhaltig?
Mauracher: „Starke Marken müssen heute nachhaltig gedacht sein – alles andere ist nicht mehr zeitgemäß. Aber eine gute Geschichte allein reicht nicht. Nur wenn die Haltung durch echtes Handeln gestützt wird, entsteht Vertrauen und Relevanz. In unserer Arbeit sehen wir, dass Konsument:innen – deren Rolle sich in der Kreislaufwirtschaft ja stark ändert, weil sie nicht mehr nur Verbraucher:innen sind, sondern so viel mehr – und Partner:innen sehr genau hinschauen. Eine Marke, die in sich stimmig, glaubwürdig und transparent ist, hat langfristig die besseren Karten – auch wirtschaftlich."
Existiert ein Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Profitabilität?
Mauracher: „Der vermeintliche Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Profitabilität ist oft ein Denkfehler. Kurzfristig kann nachhaltiges Wirtschaften mit Investitionen verbunden sein – langfristig schafft es jedoch Resilienz, Innovationskraft und neue Märkte. Richtig aufgesetzt, ist Nachhaltigkeit kein Kostentreiber, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Marken, die das verstanden haben, wachsen verantwortungsvoller – und erfolgreicher.
Die Marken von Unternehmen, die heutzutage nur in Performance Marketing oder kurzfristige Erfolge investieren, verlieren langfristig an Bedeutung, sie erodieren. Es gibt einen Grund, warum große Marken viel Geld in markenbildende Kommunikation stecken – damit sie große Marken bleiben.
Aber: Wie eine Marke ist, hat wenig mit Nachhaltigkeit zu tun. Die verorten wir im Inneren, bei der Performance – nachhaltig kann das Produkt, der Service, das Geschäftsmodell sein. Die Marke spiegelt das dann nach außen – aber wer nur nachhaltige Marke mit wenig dahinter ist, begibt sich mit den kommenden Regularieren auf dünnes Eis."
Kannst du uns bitte ein Beispiel geben, wie Marketing-Maßnahmen erfolgreich die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens unterstützen können.
Mauracher: „Unter unseren Kunden gibt es ein tolles Beispiel, direkt aus der Region: Wir arbeiten seit 2020 mit der Montanwerke Brixlegg AG, der einzigen Kupferhütte Österreichs, die 100% Recycling-Kupfer produziert – was weltweit einzigartig ist. Wir haben uns dann mit der Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie beschäftigt, die nach kurzer Zeit eins geworden sind. Das Thema Kreislaufwirtschaft, wo das Unternehmen bereits gut performt hat, ist dann zum Markenkern geworden – der neue Claim Championing Circularity unterstreicht das und wir haben das B2B-Marketing komplett auf den Kopf gestellt und damit sogar von direkten Wettbewerbern viel Lob bekommen. Dieser ganzheitliche Ansatz, also ein für das Unternehmen wesentliches Thema innen und außen konsequent zu bearbeiten, sich darin zu verbessern und das als USP nach außen zu kommunizieren – das positive Feedback darauf treibt das Unternehmen an, weitere ambitionierte Schritte zu gehen.“
Wie bindet ihr in eurer Arbeit auch Menschen außerhalb von Unternehmen ein? Zum Beispiel im Projekt: Nachbarschaftsgespräche?
Mauracher: „Das ist für uns das A und O. Wer heute strategisch arbeitet oder im Bereich Nachhaltigkeit und Kommunikation unterwegs ist, muss den Blick auf externe Stakeholder richten. Das mag Projekte auf den ersten Blick verkomplizieren, aber es sorgt für ein wesentlich besseres Ergebnis. Uns ist wichtig, unvoreingenommen in Projekte zu gehen – also auch so, dass wir sagen, wir wissen noch gar nicht, was die beste Lösung ist; aber sind neugierig und wollen das mit dem Unternehmen und seinen Stakeholdern herausfinden. Das frühe Einbinden von Zielgruppen schafft so viel mehr Klarheit und Orientierung – das würde ich nicht mehr missen wollen.
Außerdem ist uns der lokale Impact wichtig – wir sitzen hier in Berlin, einer Großstadt, die oft sehr anonym scheint, und deshalb lieben wir Projekte, die vor unserer Haustür stattfinden und für Impact sorgen. Die Nachbarschaftsgespräche haben an langen Tafeln im ganzen Bezirk – wo 300.000 Menschen unterschiedlichster Herkunft leben – für tolle Gespräche und Momente gesorgt. Das sind die kleinen, aber feinen Projekte, für die wir brennen. Und bei denen wir auch gleichzeitig spannende Insights generieren für unsere Arbeit mit öffentlichen Auftraggebern und NGOs: Nur wenn wir uns aus unserer Bubble bewegen, können wir mit offenem Blick neue Lösungen finden. Konkret bedeutet das: Wir organisieren Gespräche im Kiez, holen zivilgesellschaftliche Akteur:innen an einen Tisch, gestalten Räume des Austauschs – und übersetzen komplexe Themen in zugängliche, greifbare Erlebnisse. Das schafft Vertrauen, Akzeptanz und echte Teilhabe. Für uns ist Nachhaltigkeit kein Elitenprojekt, sondern eine soziale Frage.
Im letzten Jahr haben wir zum Beispiel einen eigenen Reparatur- und Leihladen in einem Einkaufszentrum eröffnet, damit wir sehen, wie die Menschen tatsächlich den Themen gegenüberstehen und was sie davon halten. Das Reparieren lassen kostet nichts, weil der Laden in einer Gegend mit geringeren Haushaltseinkommen ist und wir schauen wollten, was passiert, wenn der Preis als relevanter Entscheidungsfaktor wegfällt. Und siehe da: Plötzlich haben alle Menschen Lust, ihre Sachen reparieren zu lassen und sie länger zu verwenden. Das zeigt: Wir können auch Menschen, die nicht nachhaltigkeitsaffin sind, für nachhaltige Lebensstile begeistern – wir müssen sie nur wirklich zugänglich machen. Aus solchen Projekten ziehen wir viele Insights – keine Marktforschung der Welt könnte diese direkte Erfahrung und den Austausch ersetzen.“
Welche Fähigkeiten sollten Studierende im Bereich Marketing mitbringen, um sich beruflich erfolgreich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen?
Mauracher: „Es braucht aus meiner Sicht vor allem systemisches Denken, Neugier und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erzählen – aber neu, emotional und ungesehen. Nachhaltigkeit ist kein Solo-Thema, sondern berührt Design, Wirtschaft, Soziales und Politik. Wer hier Brücken bauen kann – zwischen Stakeholdern, Disziplinen und Zielgruppen – ist klar im Vorteil. Wenn wir unsere Wirtschaft von linear auf zirkulär umbauen wollen – und das ist zumindest auch das politische Ziel quer durch die Parteienlandschaft – dann brauchen wir neue Geschichten, neue Narrative, neue Statussymbole. Marketing muss sich verändern, um in Zeiten von Klimakollaps und Polykrisen noch Sinn zu haben – wer in diesem Bereich Fuß fassen will, braucht also selbst eine ganz klare Vorstellung davon, welche Kraft Marketing hat und wofür man sie einsetzen möchte. Und eine gute Prise Anpassungsfähigkeit kann auch nicht schaden…“
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