Basierend auf Ergebnissen einer Studie der FH Kufstein Tirol verteilt der Bayerische Fußball-Verband e.V. Broschüren zur Integration von Flüchtlingen an Vereine und soziale Einrichtungen.
Bayerischer Fußball-Verband e.V.
Basierend auf Ergebnissen einer Studie der FH Kufstein Tirol verteilt der Bayerische Fußball-Verband e.V. Broschüren zur Integration von Flüchtlingen an Vereine und soziale Einrichtungen.

Studie erarbeitet Grundlagen für die Integration von Flüchtlingen in bayerischen Fußballvereinen

20.09.2017 | Forschung
Der Bayerische Fußball-Verband e. V. hat die FH Kufstein Tirol beauftragt, die Arbeit bayerischer Fußballvereine mit Flüchtlingen zu untersuchen. Das Ergebnis: Beide Seiten profitieren davon. Jetzt sollen Broschüren Vereine und Flüchtlinge zusammenbringen.

Wie läuft die Arbeit mit Flüchtlingen in bayerischen Fußballvereinen konkret ab? Diese Frage sollte die Studie der Kufsteiner Fachhochschule beantworten. Dazu bewertete Prof. (FH) Dr. Claudia Stura, stellvertretende Studiengangsleiterin Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement an der FH Kufstein Tirol, Strukturen und Maßnahmen in der Praxis, erhob den Bedarf und erarbeitete Verbesserungsmaßnahmen. Außerdem erforschte die Wissenschaftlerin im Auftrag des Bayerischen Fußball-Verbands e. V. (BFV) die Voraussetzungen für die Aufnahme von Flüchtlingen in bayerischen Fußballvereinen.

„Der BFV hat eine Broschüre entwickelt, die wertvolle Erfahrungen und Erfolgsfaktoren bei der Einbindung von Flüchtlingen ins Vereinsleben beschreibt. Sie basiert auf der hervorragenden Arbeit des Teams um Prof. (FH) Dr. Claudia Stura, das Fußballvereine zu den entsprechenden Herausforderungen befragt hat“, erklärt der Vizepräsident und Integrationsbeauftragte des BFV Reinhold Baier. „Aus den umfangreichen Erkenntnissen konnten wir zum einen Empfehlungen für die Vereine ableiten, können zum anderen aber auch Flüchtlinge direkt ansprechen, deren Bedürfnisse und Erfahrungen wir dank der Studie jetzt kennen. Fußballinteressierte Flüchtlinge bekommen so Hinweise zu Organisation und Training in den Vereinen sowie Kontaktmöglichkeiten.“

Engagement von Flüchtlingen in Vereinen wird positiv bewertet

Prof. (FH) Stura interviewte 32 haupt- und ehrenamtliche VertreterInnen von Fußballvereinen sowie 35 Flüchtlinge in 15 ausgewählten Vereinen des BFV. Die Auswahl erfolge so, dass die Vereine eine möglichst große Streuung in Größe, Anzahl der betreuten Flüchtlinge sowie dem Standort nach städtischen und ländlichen Gebieten aufweisen. Die Befragten gaben an, das Engagement von Flüchtlingen im Fußballsport sowie auch im Vereinsleben in großen Teilen positiv wahrzunehmen. Fehlende Deutschkenntnisse würden meist die größte Herausforderung bilden, wobei das Sprachniveau vielfach sehr unterschiedlich sei. Die Verständigung erfolge sowohl auf Englisch oder Französisch als auch mit Gestik und Mimik.

Das Engagement und die Broschüren kommen auch bei den UnterstützerInnen und in den Landkreisen gut an. „Zwei Flüchtlinge, die bei uns wohnen, spielen bereits im Verein und dieses Jahr kommen nochmal zwei hinzu“, erklärt zum Beispiel Anita Heindl, Hausverwalterin einer Flüchtlingsunterkunft im oberpfälzischen Immenreuth. „Außerdem unterstützt die Broschüre die Integration der Flüchtlinge, zum Beispiel sind darin Fußballbegriffe auf Deutsch, Englisch und Arabisch aufgelistet. So fällt es vielen Flüchtlingen leichter, die deutsche Sprache zu verwenden.“

Persönlicher Kontakt hilft Berührungsängste abzubauen

Eine erhebliche Erleichterung bei der Einbindung in Mannschaften würden SpielerInnen aus ähnlichen Kulturkreisen bieten, die bereits bessere Sprachkenntnisse besitzen. So bekämen die Flüchtlinge leichter Vertrauen und Zugang zur Mannschaft. Einige Vereinsvertreter geben an, dass dies mit einer begrenzten Anzahl von Flüchtlingen besser gelinge. Die kulturellen Unterschiede im Vereinsalltag seien zumeist religiös bedingt sind und würden von vielen respektiert, berichten die befragten Vereine und Flüchtlinge. Die Broschüre, die an Flüchtlingsunterkünfte verteilt wird, trägt auch einen wichtigen Teil zur Integration bei. „Obwohl sich viele Flüchtlinge freiwillig in einem Fußballverein melden, erscheinen sie nicht immer regelmäßig zu Trainings und Spielen“, weiß die Leiterin der Ausländerbehörde des oberfränkischen Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge, Gabriele Fischer. „Die mehrsprachige Broschüre ist besonders hilfreich, da sie ihnen den Ablauf und die Struktur in einem Fußballverein vermittelt.“

Bereits veröffentlichte Studien belegen, dass der direkte persönliche Kontakt zu Personen aus Minderheitengruppen helfen kann, Skepsis und Vorurteile abzubauen. Das weiß auch Dieter Baumgärtel, erster Vorsitzender des Vereins Zuflucht in Selb e.V.: „Die Broschüre ist sehr wichtig bei der Integration von Flüchtlingen in das Vereinsleben. Mit Hinweisen und Erklärungen für die Flüchtlinge räumt sie viele Bedenken beiseite. Und dank der drei aufgeführten Sprachen erleichtert die Kommunikation zwischen Spielern, Trainern und Flüchtlingen. Einige Spieler in Vereinen unserer Umgebung kommen aus Flüchtlingsunterkünften und sind unter anderem über die Broschüre auf diese Möglichkeit aufmerksam geworden.“

Damit die Integration gelingt, will der BFV die kulturelle Öffnung der Vereine thematisieren und begleiten, während sich die einzelnen Fußballvereine klar zu ihrer Bedeutung bei der Einbindung von Flüchtlingen in die Gesellschaft bekennen und gemeinsam mit dem BFV gegen jegliche Form von rassistischen Äußerungen stellen sollen.

Broschüren bringen Vereine und Flüchtlinge zusammen

Die Motivation der Flüchtlinge in einem Fußballverein aktiv zu werden sei zum einen die sportliche Betätigung, zum anderen wollten sie sich aber auch als Helfer einbringen, so das Ergebnis der Befragung. Für den organisierten Fußball biete sich dadurch die Chance, neue Mitglieder und ehrenamtliche Helfer zu gewinnen und insgesamt einen bedeutenden Beitrag zur Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft zu leisten. Damit das gelingt sollen zwei Broschüren, die auf den Ergebnissen der Studie basieren, Flüchtlinge und Vereine zusammenbringen.

Eine Broschüre richtet sich an Flüchtlinge und gibt in deutscher, englischer und arabischer Sprache einen Überblick über die Möglichkeiten bei einem Verein zu trainieren. Außerdem erklärt sie Grundlegendes, wie die Struktur von Vereinen oder die Spielberechtigung. Die Broschüre für Vereine beinhaltet Zwischenmenschliches, wie Informationen zur Kontaktaufnahme, zum Abbau von Berührungsängsten aber auch Informationen zu Versicherung und finanzieller Unterstützung. Der BFV verteilt die Broschüren an die Vereine und bringt sie über Helferkreise, soziale Einrichtungen und Landratsämter an die Unterkünfte der Flüchtlinge.