Unternehmer und Berater Kurt Beatus Müller mit Lektor Dr. Seitz
Unternehmer und Berater Kurt Beatus Müller mit Lektor Dr. Seitz

Börse für KMU? Fachvortrag von Kurt Beatus Müller an der FH Kufstein

18.07.2012 | Allgemein
Studierende der Unternehmensführung bekommen Einblick in die Welt der Börsen und somit der größten Kapitalbeschaffer für Unternehmen.

Am 30. Mai fand im Audimax der Fachhochschule Kufstein im Rahmen der Lehrveranstaltung „Gründungsmanagement und Business Plan“ im Bachelorstudiengang Unternehmensführung ein vielbeachteter Vortrag von Kurt Beatus Müller über nachhaltige Unternehmensgründung und –finanzierung statt. Dieser folgte damit der Einladung des Lehrveranstaltungsleiters und Geschäftsführers des Tiroler Unternehmens „Policy Administration Services GmbH“ (PAS) Dr. Nikolaus Seitz. Der Vortrag setzte die im Wintersemester im Studiengang erfolgreich initiierte Serie von Gastvorträgen wirtschaftlicher Entscheidungsträger fort.

Kurt Beatus Müller ist Leiter des Projekts zur Gründung der „Alpenbörse“ - einer Wertpapierbörse für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) im Alpenraum - und hat im Laufe seiner beruflichen Laufbahn eine Reihe von namhaften international tätigen Unternehmen begleitet und beraten.

Geschichte der Börsen

Zu Beginn seines Vortrages gab der Vortragende einen geschichtlichen Abriss über die Entwicklung von wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren. Im Mittelalter hat der Herrscher die Richtung für die wirtschaftliche Entwicklung vorgegeben, das Militär die Logistik gestellt und Geistliche oder Universalgenies das Wissen verwaltet. Ab dem Zeitalter der Aufklärung ist der wirtschaftliche Erfolgsfaktor „Bildung“ sukzessive auf ein Drittel der Menschheit übergegangen und spätere technische Erfindungen, wie jene der Dampfmaschine, haben Rohstoffreichtum z.B. an Kohle und Erdöl zum wichtigsten wirtschaftlichen Erfolgsfaktor gemacht.

Finanziert wurden diese Erfindungen und Entwicklungen damals von Börsen. Banken bereicherten erst später den volkswirtschaftlichen Kreislauf. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert schlüpfte das Bankwesen in die Rolle des Hauptfinanziers von KMU. Börsen haben sich auf das Segment der Finanzierungsbeschaffung für Großunternehmen spezialisiert.

Seit 240 Jahren existiert mit der Börse in Wien die derzeit einzige Börse Österreichs. Andere, wirtschaftlich ebenfalls erfolgreiche Länder, wie z.B. die Schweiz, weisen mit neuen Instituten eine wesentliche höhere Börsendichte auf. Durch die damit erzielte Regionalität kann dort auch das Segment für Klein- und Mittelbetriebe wesentlich besser betreut werden als dies derzeit in Österreich der Fall ist. So gibt es in der Schweiz z.B. die „Berne eXchange“ in Bern an der aktuell Aktien von 19 KMU gehandelt werden.

Alternative Plattformen zur Beschaffung von Eigenkapital

Aufgrund der systemimmanenten und in den vergangenen Jahren wieder verstärkt auftretenden Schwächen eines überproportionierten Bankensystems steigt der Bedarf an alternativen Finanzierungsträgern stetig. Mit dem vor sieben Jahren begonnenen Projekt der Gründung der Alpenbörse möchten die Projektgesellschafter diesen Bedarf stillen und eine solide Plattform für die Eigenkapitalbeschaffung von KMU bieten.

Um Anlegern das Angebot schmackhaft zu machen, sich an regionalen und ihnen oft vertrauten Unternehmen zu beteiligen, wird bei der geplanten Börse das Handelstempo drastisch reduziert und nur einmal pro Woche mit den Aktien an der Börse gehandelt. Damit möchte man sich auch den weltweit agierenden und in sehr kurzen Zeiträumen handelnden Spekulanten entziehen. Unternehmern wird durch eine regionale Börse die Gelegenheit gegeben, sich einem regionalen Publikum zu präsentieren und finanzielle Wertschöpfung in der eigenen Umgebung zu gestalten.

Kurt Beatus Müller hat im Laufe der Projektentwicklung über 1.500 KMU über ihre Einstellung und Wünsche hinsichtlich einer Regionalbörse befragt und dadurch ein sehr klares Bild über die Anforderungen an eine solche Institution gewonnen. Am meisten hat ihn dabei beeindruckt, dass über zwei Drittel der befragten UnternehmerInnen großen Wert auf eine universelle Nachhaltigkeit ihres Unternehmens und Wirkens legen. Das Dogma der unbedingten Gewinnmaximierung ist ihm bei seinen Befragungen nur selten begegnet.

Prognose für die Zukunft

Der Meinung des Vortragenden nach wird die Gewichtigkeit des Erfolgsfaktors „Wissen“ durch die vielfach unmittelbare Verfügbarkeit von Wissen in den kommenden Jahren abnehmen.  Die jungen Megatrends „Nachhaltigkeit“ und „Vernetzung“ werden auch als wesentliche wirtschaftliche Erfolgsfaktoren ihren Siegeszug antreten. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Entwicklung des politischen Pioniergeists in Österreich mit jener der neuen Megatrends Schritt halten kann. Ein klares Bekenntnis der Volksvertreter zur neuen Finanzierungsplattform einer regionalen Börse für KMU wäre wünschenswert und auch erforderlich. Sollte die Alpenbörse Wirklichkeit werden, könnte die Prosperität der miteinbezogenen Regionen langfristig und nachhaltig gesichert werden.