v.l.: Felix Lechner, Capoeira-Lehrer, Kameramann, Lea Havermann, Bianca Gutsmidl, Michaela Suck
v.l.: Felix Lechner, Capoeira-Lehrer, Kameramann, Lea Havermann, Bianca Gutsmidl, Michaela Suck

SKVM-Fallstudie bringt Sport- und Kulturmanagement in einen Jugendarrest

26.01.2011 | Allgemein
Wenig bekannt ist die Tatsache, dass nach europäischen und internationalen Abkommen Inhaftierte in Strafgefängnissen ein gesetzliches Recht auf Sport und Kultur haben.

Hierbei zeigt sich, dass in den meisten Fällen diese Aufgaben von Sozialarbeitern neben ihren zahlreichen primären Zuständigkeitsbereichen übernommen werden. Der Einsatz von Kräften die professionell in den Bereichen Sport und Kultur ausgebildet sind ist hier nicht festzustellen, obwohl dies die Arbeit der SozialpädagogInnen erheblich erleichtern könnte.

Aufgrund eines wissenschaftlichen Impulses während der letzten Summer School der FH Kufstein in Epidavros/Griechenland entschied sich eine Gruppe von SKVM Studierenden dazu, eine Fallstudie durchzuführen, welche jungen Menschen in einem Jugendarrest die Chance für einen Workshop bot, der sowohl kulturelle wie sportliche Aspekte integrierte. Durch eine enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Sozialarbeiterinnen, der Capoeira Schule Nova Alianca, Sponsoren (zum Beispiel die Dominik Brunner Stiftung und der gemeinnützige Verein Wendezeit e.V.), Behörden und Partnern aus der Wirtschaft (zum Beispiel Cico.at und der Druckerei Aschenbrenner Kufstein) konnte am 19. Januar 2011 ein Capoeira-Workshop in einem Jugendarrest durchgeführt werden.

Capoeira ist ein afrobrasilianischer Kampftanz, den einst Sklaven entwickelt hatten und der eine symbolische Inszenierung von Freiheitsbestrebungen darstellt. Musik, Gesang, Tanz, Sport, Körperbewusstsein und ästhetische Sensibilität gehen bei dieser Kunstform eine einmalige Synergie ein. Die SKVM-Studierenden Lea Havermann, Michaela Suck, Bianca Gutsmidl und Felix Lechner organisierten den Workshop, drehten einen Film und regten Diskussionen zwischen den Jugendlichen und den Workshop-Lehrern über diesen Tanz an.

Das Projekt stieß auf große Begeisterung, auch bei den Verantwortlichen im Jugendarrest. Dazu der wissenschaftliche Betreuer des Projektes Prof. (FH) Dr. Gernot Wolfram: "Die soziale Dimension von Kultur spielt schon immer eine wichtige Rolle in unserem Feld. Den Studierenden war es jedoch wichtig, zu zeigen, dass es bei diesem Projekt vor allem um professionelles Kultur- und Sportmanagement geht, denn nur durch diese Kompetenzen können Entscheidungen getroffen werden, welche Formen von Kultur und Sport wirklich die Kraft haben, junge Arrestanten zu inspirieren, über ihr Leben, ihre Ausdrucksmöglichkeiten und ihre persönlichen Entwicklungschancen neu nachzudenken. Es geht hier nicht um eine Art der Beschäftigungstherapie, sondern um die konkrete Möglichkeit, kulturelle und körperbezogene Erfahrungen zu begreifen.

Die beteiligten Mitarbeiter im Jugendarrest haben hier sehr geholfen und haben das Projekt mit großem Engagement begleitet, weil sie erkannten, wie sehr die Arrestanten die Aspekte Konzentration, Körperbeherrschung, Achtsamkeit und Gewaltlosigkeit, die im Capoeira eine Rolle spielen, in sich aufgenommen haben. Diese Fallstudie zählt sicherlich zu den schwierigsten, aber auch nachhaltigsten, die wir bisher unternommen haben." Der Workshop erzielte eine solch große Resonanz, dass nun der gemeinnützige Verein Wendezeit e.V. in Kooperation mit dem Jugendarrest weitere Workshop-Veranstaltungen nach dem Kufsteiner Projektmodell ermöglichen will.

Am 23. März wird es an der FH Kufstein eine Präsentation des Films und der Workshop-Ergebnisse in Form eines Events geben. Das Event beinhaltet zusätzlich einen vorangehenden Workshop für alle Interessierten. Nähere Informationen erhalten Sie bei: stud.bianca.gutsmidl@fh-kufstein.ac.at